48 Jahre war Peter Shilton, als 1997 seine fast 30 Jahre währende Karriere als Fußball-Torhüter beendete. Shilton hält mit 125 Länderspielen immer noch den Rekord für die englische Nationalmannschaft. Was Shilton mit dem Länderspiel zwischen Deutschland und Wales zu tun hat? Nun, er war am Ende der seiner Laufbahn älter, als es die beiden Auswahltorhüter im Borussia-Park zusammen sind. René Adler und sein Gegenüber Wayne Hennessey kommen gemeinsam auf 44 Lenze. In diesem Alter unterschrieb Shilton gerade seinen sechsten Profivertrag. Fünf weiter sollten noch folgen. Shilton war einer der letzten Denkmäler aus einer Zeit, als international auflaufende Fußballtorhüter idealer weise die 30 bereits überschritten und sich in der Liga in mehr als 300 Pflichtspielen Knochen gestählt hatten. Willkommen in der Gegenwart.
Die sieht so aus, dass beim ohne Zweifel wichtigen WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Wales zwei blutjunge Anfänger im Tor stehen, die zwar in ihren Vereinen eine stattliche Anzahl an Spielen vorweisen können, sich aber an ihr Profidebüt erinnern können, als sei es gestern gewesen. Aus gutem Grund: es ist bei beiden nicht mehr als zwei Jahre her.
Der deutsche Überflieger Adler und sein Kollege aus dem kleinen Wales gehören zu einer neuen Generation Torhüter. Junge Profis, die bereits mit Anfang 20 mit enorm wichtigen Aufgaben belastet werden. Ihre Entwicklung ist rasant; der Grund dafür ist ihre kontinuierliche Ausbildung. Adler und Hennessey verfügen über ein imposantes Talent. Viel wichtiger ist aber: sie stehen stilbildend für eine neue Qualität junger Torhüter. Physisch und psychisch ist diese Generation beeindruckend. Derartig ausgewählte Talente wird man bei diesen jungen Männer auch nur noch selten finden.
Über René Adler weiß die Nation Bescheid. Sein Weg von der rigiden Trainingsstätte im Osten der Republik in die hoch technologisierte Bayer-Ausbildungsstätte mit Ziehvater Rüdiger Vollborn ist bekannt. Der junge Leverkusener schwimmt auf einer Sympathiewelle, die seinen bemitleidenswerten Konkurrenten Robert Enke einfach wegspülen wird. Adler kann sie nur geringfügig kontrollieren. Er ist ruhig, bescheiden und dabei trotzdem zielstrebig und ehrgeizig. Noch dazu mit einem nicht zu übersehenden Maß an Klasse und Talent gesegnet. Das mag der Deutsche, dieser Meister des Understatements, der die aufgemotzten „Pimp my ride“-Karren verabscheut und sich stattdessen in einen optisch eher bescheideneren Audi setzt, dessen (versteckter) Hubraum allerdings die Normen sprengt. Adler ist so ein Audi.
Mit welchem Fahrzeug der junge walisische Nationaltorhüter Wayne Hennessey assoziiert wird, ist nicht bekannt. Seine Vereinskollegen von den Wolverhampton Wanderers rufen den 1,83 Meter großen Schlussmann jedenfalls „Van der Saar“. Hennessey ebenso schlacksiger, wie elastischer Bewegungsablauf erinnert stark an den großen Holländer. Um sich auch an dessen erfolgreicher Karriere anzupassen, bedarf es noch einen weiteren Leistungssprung beim 21-Jährigen, der aus der engagierten Jugendarbeit der momentan in der zweiten englischen Liga aktiven „Wolves“ hervorgegangen ist. Hennessey („Mein Vorbild ist Neville Southall“) ist ein stiller und aufgeregter Torhüter. Dass er schon auf eigenen Füßen steht, bewies seine Entscheidung sich 2006 ausleihen zu lassen. In Wolverhampton war der nur auf der vierten Torhüterposition rangierende Schlussmann nicht zum Zuge gekommen. Es folgte ein kurzer und ereignisloser Auftritt bei Bristol City (eine Schulterverletzung verhinderte einen Einsatz), ehe er für den Drittligisten Stockport County erste Erfahrungen sammeln durfte. Nach 15 Profispielen und einem beeindruckenden Rekord (die ersten neun Saisonspiele blieb er ohne Gegentor) stieß er im Sommer 2007 wieder zu den „Wolves“. Seitdem ist er dort Stammspieler. Jetzt auch für die walisische Nationalmannschaft.