Hans-Jörg Butt die Nummer eins, Michael Rensing die Nummer zwei. Das ist die neue Faktenlage beim Rekordmeister aus München. Während die Fans und Medien noch strittig sind, ob und inwiefern diese Entscheidung richtig oder falsch war, wurde ein Punkt bei der ganzen Diskussion kaum thematisiert. Die Auswirkungen in der Zukunft auf die zwei Verlierer dieser Entscheidung. Nämlich die Verantwortlichen des FC Bayern Münchens und Michael Rensing. Eine Analyse von Tobias Schlitzke...
Die Süddeutsche Zeitung sprach in ihrer Mittwochsausgabe von "Königsmord". Wenn ein Verein, in dem Torhüter wie Sepp Maier, Jean-Marie Pfaff und Oliver Kahn über Jahrzehnte den Klub geprägt und für Konstanz sorgten, den Torhüter auf diese Weise auswechselten, dann gleich das, als würde faktisch ein Herrscher gestürzt. Ist der Vergleich - auf den ersten Blick - doch etwas übertrieben, steckt doch auch ein wenig Wahrheit dahinter. Rensing wurde von Anfang an eine Art Freibrief von den Bayern Verantwortlichen ausgestellt. Prinzipiell ist es sinnvoll, jungen Spielern eine Chance und ihnen auch die Möglichkeiten zu Fehlern zu geben. In England werden seit Jahrzehnten viele, junge Talente in das kalte und raue Wasser der Premier League geworfen. Der Unterschied hierbei ist aber, dass diese Spieler bereits über viel Spielpraxis verfügen, die sie nicht nur in den B-Teams der Vereine sammeln können, sondern auch durch ständige Ausleihgeschäfte gefördert werden. In England ist es keine Seltenheit, dass ein junger Torwart bereits im Alter von 21 Jahren mehrere Vereine in Ausleihgeschäften durchlaufen hat. Auch ist die Flexibilität hier viel größer: Spieler werden auch gerne mal für ein paar Spiele verliehen. Ein gutes Beispiel ist der junge Kasper Schmeichel, der als eines der größten Talente im Tor auf der Insel gilt und die harte Schule des "Ausleihens" durchmachen muss. Michael Rensing wollte all dies nicht. Sogar 1860 München hatte einmal bei den Bayern für ein Ausleihgeschäft nachgefragt. Auf Nachfrage von torwart.de vor zwei Jahren, wieso er sich denn nicht zu einem ambitionierten Erst- oder Zweitligisten ausleihen lassen würde, erklärte Rensing, dass er "nicht auf das gute Torwarttraining von Sepp Maier verzichten" wollte. Doch was Spielpraxis in höheren Ligen bedeutet, bekam die Bayern Nummer eins nun zu spüren. Eine Theorie ist aber auch, dass Rensing einfach Angst hatte, sich in einem anderen Verein zu beweisen. Die Probleme beim Herauslaufen und Abfangen von Flanken waren bekannt. Jeder, der vor einigen Jahren Rensing bereits in der Regionalliga gegen Teams wie die Stuttgarter Kickers oder den VfR Aalen gesehen hatte, wusste um diese Schwäche(n) Bescheid.
Doch was bedeutet all die Faktenlage für die Zukunft, besonders die von Michael Rensing? In der "FAZ" wurde bereits über einen möglichen Abgang Rensings im Sommer spekuliert. Aber das würde genau dem widersprechen, was Rensing die ganzen Jahre beim FC Bayern gehalten hatte. Der Keeper ist an sich viel zu stolz um seine eigene "Niederlage" anzuerkennen. Exakt das wurde ihm auch nach vielen Spielen vorgeworfen. Rensing galt gegenüber der Medienkritik schnell beleidigt und erinnerte an einen immer selbstüberzeugten Jens Lehmann. Zudem besitzt Rensing wohl einen überaus gut dotierten Vertrag, den er so schnell bei einem anderen Verein nicht bekommen würde. Wahrscheinlich muss er sich im Sommer dem Zweikampf mit Thomas Kraft um den Posten der Nummer zwei - hinter einer erfahrenen Nummer eins - stellen. Über Thomas Kraft hieß es ja sogar Klinsmann wollte den jungen Mann Rensing im Herbst sogar vorziehen. Ulli Hoeneß soll damals aber noch sein Veto eingelegt haben. Nun, vor zwei Wochen, meinte Manager Hoeneß zu Klinsmann: "Mach was du für richtig hälst!" Der Bayern Bonus für Rensing war dahin. Das ist auch wohl die ernüchternde Realität des FC Bayern. Der Verein kann sich ein Torwartfiasko im Sommer nicht wieder erlauben und zum Beispiel das Experiment "Kraft" wagen. Über Jahre hinweg hat der FC Bayern Rensings Stärke falsch einegschätzt und verpasst, die Schwächen des Schlussmannes zu verbessern. Die Verantwortlichen von damals, Dreher Maier und co, sind alle schon weg. Bayern muss nun im Torwartbereich Stärke zeigen. Und das geht nur mit einer starken, etablierten Nummer eins. Traurig ist aber vor allem eines: Die Zukunft des Menschen Michael Rensing. Der FC Bayern hat seinen jungen Keeper immer wieder das goldene vom Himmel versprochen. Dieser muss nun mit der Realität leben. Wie er das verkraften wird, bleibt noch offen...