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Timo Horn und der Abgang durch die Hintertür

Nach 21 Jahren verlässt Horn den FCK eher unauffällig

Autor: T. Rübe - 25.05.2023

Über ein Jahrzehnt war Timo Horn vom 1. FC Köln nicht wegzudenken. Der gebürtige Kölner trug 21 Jahre lang den Geißbock auf der Brust, ist damit der Rekordprofi mit der längsten Vereinszugehörigkeit. Vereinslegenden wie Toni Schumacher und Wolfgang Overath kommen jeweils lediglich auf eine Vereinszugehörigkeit von 15 Jahren. Auch gehört der Torwart mit insgesamt 329 Pflichtspielen in die Top 20 der am häufigsten für den Effzeh spielenden Profis. Mehr 1. FC Köln als bei dem 30-Jährigen geht nicht. Und doch wird die Zukunft des 1.FC Köln ohne Timo Horn stattfinden, denn der 1,92 m große Torwart verlässt im Sommer den Verein. Der Abschied stand bereits seit Wochen offiziell fest und zeichnete sich auch darüber hinaus noch deutlich länger ab. Nachdem der Torwart in der vergangenen Saison nach einer Verletzung und einer Covid-Erkrankung seinen Stammplatz an Marvin Schwäbe verloren hatte, konnte sich dieser wiederum mit guten Leistungen als Stammtorhüter etablieren.

Dabei spielte Horn vor allem durch den Wechsel des Torwarttrainers zu Uwe Gospodarek wieder deutlich besser und stabiler, nachdem in einer Schwächephase schon Stimmen laut wurden, die einen Wechsel des Torwarts von Horn hin zur damaligen Nummer 2, Ron-Robert Zieler, forderten. Dies war zu einer Zeit, als der Effzeh nach dem erfolgten Wiederaufstieg sich erneut in Abstiegsgefahr befand und auch Timo Horn nicht zu einer positiven Entwicklung beitragen konnte. Dies änderte sich mit Gospodarek und Timo Horn konnte sich wieder deutlich besser präsentieren.

Doch es gab auch Zeiten, da galt Horn als eines der größten deutschen Torwarttalente, wenn nicht gar Europas. Gemäß dem Motto „The sky is the Limit“ wurde Horn als potenzieller Nationaltorwart gesehen, der eine ähnliche Karriere wie Marc-André ter Stegen hinlegen könnte. Beide gehörten zu den damals jungen wilden deutschen Torhütern, die nicht nur in der Bundesliga für Furore sorgten, sondern auch international auf sich aufmerksam machen konnten.  Andere Vertreter dieser Generation waren Bernd Leno und Kevin Trapp. Ab der Saison 2012/2013 war Horn die Nummer 1 in der Domstadt, nachdem der Effzeh abgestiegen war und die beiden Torhüter Rensing und Varvodic den Verein verlassen hatten. Der damals gerade 22-jährige Horn war fortan Stammtorhüter und konnte in seiner zweiten richtigen Profisaison mit seinem Verein den Wiederaufstieg feiern. Von den Fans wurde Horn als Spieler der Saison 2013/2014 gewählt. In seinen ersten 4 Spielen in der ersten Bundesliga blieb Horn ohne Gegentor und manifestierte damit sein Image, dass er als gebürtiger Kölner und Spieler, der seit seinem 9. Lebensjahr im Verein spielte, aber auf Dauer dem Verein entwachsen könnte und eigentlich auch sollte.

Gleichzeitig zeigte sich immer weiter, dass Horn mit Leib und Seele Kölner ist und den Geißbock im Herzen trägt. So verpasste er aber auch immer mehr, den ihm zugetrauten nächsten Schritt in seiner Karriere zu gehen. Mit seinem Verein konnte er sich auch weiterhin in der Bundesliga etablieren und weiter stabilisieren. Es folgte in den Jahren 2016 und 2017 die wohl beste Phase des Torwarts, der 2016 zur deutschen Olympia-Auswahl gehörte und in Rio de Janeiro die olympische Silbermedaille gewann. Im Finale musste man sich den Gastgebern um Neymar geschlagen geben. Gleichzeitig wusste Horn in diesem Turnier zu überzeugen und konnte diese gute Form auch in die anschließende Saison retten. So qualifizierte sich Horn mit Köln erstmalig für den europäischen Wettbewerb, doch erfolgte in der Folgesaison dann der Abstieg in die zweite Bundesliga. Im Mai 2018 gab Horn bekannt, dass er seinen auslaufenden Vertrag doch noch einmal bis 2023 verlängert und hielt seinem Effzeh auch in der zweiten Bundesliga die Treue. Gleichsam sah er sich in der Verantwortung, dem Verein zum Wiederaufstieg zu verhelfen. Dies gelang dem Verein auch sofort mit der Zweitliga-Meisterschaft.

Doch im Oberhaus zeigte sich, dass Horn wohl keinen Schritt noch einmal zu einem größeren Verein machen würde. So hatte Horn mitunter im Timing seine Probleme und wirkte immer wieder übermotiviert. So fanden sich die Kölner immer wieder im Abstiegskampf wieder, konnte aber immer wieder dem drohenden Schicksal entkommen. Mit Horn im Tor gewann der 1. FC Köln 2021 spektakulär die Relegation gegen Kiel und konnte so gerade noch die Klasse halten. Zur Saison 2021/2022 gab es einige Änderungen im Team. So übernahm Steffen Baumgart das Amt des Cheftrainers. Auf der Position des Torwarttrainers gab es ebenso eine Änderung. Der bisherige Torwarttrainer Andreas Menger wechselte auf eigenen Wunsch in seine Heimatstadt Berlin zur Hertha. Für ihn übernahm Uwe Gospodarek. Außerdem kam noch auf die Empfehlung von dem scheidenden Torwarttrainer Marvin Schwäbe vom Bröndby IF. Somit wurde eine echte Konkurrenz zu Horn in den Verein geholt, wenngleich Baumgart vor der Saison ebenso wie seine Vorgänger dem Ur-Kölner wiederum das Vertrauen als Nummer 1 aussprach.

Mit dem neuen Torwarttrainer im Rücken zeigte sich Horn in einer ganz anderen, in einer deutlich stärkeren Verfassung. Er wirkte in vielen Situationen deutlich ruhiger und strukturierter. So legten die Domstädter von Beginn an eine bessere Saison hin als in den Jahren zuvor. Zum Ende der Rückrunde jedoch verletzte sich Horn am Knie und wurde fortan von Schwäbe ersetzt. Durch eine zusätzliche Covid-Erkrankung Horns verlängerte sich dessen Ausfallzeit, sodass sich Schwäbe als neue Nummer 1 fest spielen konnte. Dieser zeigte sich vor allem im fußballerischen Bereich als stärker und rechtfertigte damit auch die Entscheidung des Trainers. Mit der erneuten Qualifikation zum internationalen Wettbewerb wurde Baumgart bezüglich seines Wechsels im Tor bestätigt. In der aktuellen Saison blieb es bei der Reihenfolge im Tor mit Schwäbe als klare Nummer 1 und Horn als Back Up und erneut spielte Schwäbe eine gute Runde und blieb dabei auch ohne Ausfallzeit.

Da Horns Vertrag im Juni 2023 endet, gab es seitens des Keepers die Überlegung, den Verein zu verlassen, was nunmehr tatsächlich Realität wird. Horn wurde in der entsprechenden Pressemitteilung wie folgt zitiert: „Den FC zu verlassen, das kann sich jeder vorstellen, fällt mir unheimlich schwer. Seit ich denken kann, bin ich Fan dieses Klubs, seit ich Fußball spiele, bin ich beim FC, und seit meinem Profi-Debüt 2012 stand ich hier eigentlich immer im Tor. Konkurrenz gehört natürlich im Fußball dazu, die Rolle als Nummer 2 war neu für mich - trotzdem habe ich mich immer reingehauen, die Situation so angenommen und mit dem FC das zweite Mal in meiner Karriere Europa erreicht. Teil dieser Mannschaft gewesen zu sein und das zu schaffen, hat mich unheimlich stolz gemacht. Doch mein Anspruch ist es, Woche für Woche zwischen den Pfosten zu spielen und als Torwart der Rückhalt für eine Mannschaft zu sein. Für all die Jahre und Erlebnisse am Geißbockheim und die Zusammenarbeit mit sehr vielen Menschen, die immer alles für den Verein gegeben haben, bin ich sehr, sehr dankbar. Ich bleibe natürlich FC-Fan, egal von wo aus ich den Verein verfolge.“

Kölns Geschäftsführer Christian Keller dankte dem Keeper: „329 Pflichtspiele für den FC sprechen für sich. Nur Toni Schumacher und Bodo Ilgner standen häufiger für den FC im Tor als Timo. Sich über so viele Jahre hinweg als Nummer 1 zu behaupten, ist eine Leistung, für die man hart arbeiten muss. Aber es gehört mehr dazu: Timo hat sich im Laufe der Zeit von einem jungen talentierten Torhüter zu einem gestandenen Bundesliga-Spieler entwickelt, der auf dem Platz und in der Kabine, aber auch von der Bank oder Tribüne aus, immer wichtig für das FC-Team war. Es gehört auch Mut, sich nach so vielen FC-Jahren nun bei einem neuen Verein beweisen zu wollen.“ Für Keller sei der Schritt daher nachvollziehbar. Für die erste Mannschaft absolvierte Horn 201 Bundesliga-Spiele, 98 Partien in der zweiten Liga, in zwei Relegationsspielen und 6 Europa League Spiele.

Dennoch wird es für Horn kein Abschiedsspiel geben. Trainer Baumgart betonte, dass er Horn nur noch einmal spielen lassen wolle, wenn die Bayern als bereits feststehender Deutscher Meister nach Köln reisen sollte, um sich nicht bezüglich einer etwaigen Wettbewerbsverzerrung angreifbar zu machen. Da die Bayern aber ihr Heimspiel gegen Leipzig verloren und gleichzeitig Dortmund gewann, ist der BVB bei einem eigenen Sieg deutscher Meister. Sollte der BVB nicht gewinnen, würde dem FC Bayern wiederum ein Remis reichen, wodurch der Effzeh das Zünglein an der Waage sein könnte. Dadurch möchte Baumgart seine nominell beste Mannschaft gegen die Bayern aufs Feld schicken, zu der Horn nicht mehr gehört. Für Baumgart ist es dabei eine sehr schwierige Entscheidung, da auch immer wieder die Wichtigkeit Horns für den Verein schätzte und ihm auch in der Mannschaft gern behalten hätte, sofern Horn bereit gewesen wäre, auch weiterhin als Nummer 2 zur Verfügung zu stehen.

Für den Ur-Kölner wiederum bleibt das Abschiedsspiel verwehrt. Als aktiver Profi hätte sich der Torwart, der auch jahrelang Vize-Kapitän war, einen letzten Einsatz vor heimischer Kulisse verdient, doch kann man auch Baumgart verstehen, der weder gegen Bremen noch gegen München nicht seine in seinen Augen beste Elf nicht aufstellen wollte, da es für beide Gegner noch um wichtige Punkt ging. Gleichzeitig betonte Baumgart auch, dass Horn einen würdigen Abschied verdient hat. Der große Abschied in Köln muss aber zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, denn auch am Samstag wird Timo Horn nur auf der Bank Platz nehmen, sofern sich Marvin Schwäbe nicht noch verletzen sollte. Für Timo Horn wird im Gegensatz zu Jonas Hector, der seine Karriere beendet, wird es ein „Auf Wiedersehen“ vom Spielfeldrand aus - ein leiser Abgang für einen Spieler, der wohl neben Hector der moderne Inbegriff des 1. FC Köln ist.

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