Tim Wiese polarisierte schon zu seiner aktiven Zeit- auch in Bremen. Doch nachdem seine aktive Zeit als Profi-Torhüter spektakulär und für jedermann mitzuverfolgen, zu Ende ging, folgten immer wieder Anekdoten und gewisse Vorkommnisse, die die Bremer Vereinsikone nicht immer in einem guten Licht stehen ließen. Bereits 2019 soll Wiese Zeuge bei einer Schießerei unter Clan-Mitgliedern gewesen sein. In der folgenden juristischen Auseinandersetzung wurde anschließend davon gesprochen, dass der ehemalige Torhüter nicht wirklich mit den Ermittlungsbehörden kooperiert hatte. Der Verdacht lag nahe, dass er sich regelmäßig in diesen Sphären bewegen würde - bewiesen wurde dies jedoch nie.
Nun aber gibt es wieder einen Verdacht, dass Tim Wiese mitunter mit Menschen bewusst und wohlwollend verkehrt, die politisch und gesellschaftlich einem Spektrum angehören, welches nicht mit der Demokratie und freiheitlichen Grundordnung in Deutschland konform gehen. In der Halbzeitpause im Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach rollten Bremer Fans folgendes Banner aus: „Wer mit Nazis abhängt, hat im Weserstadion nichts zu suchen - Keine Bühne für Tim Wiese.“ Hintergrund hinter dieser Aufforderung sind Bilder in den sozialen Netzwerken, die Wiese wiederholt mit Mitgliedern der Gruppe „Radikale Kameraden Bremen“ zeigt. Ebenjene Gruppierung wird dem kriminellen Rocker-Milieu zugeordnet. Darüber hinaus bestehen Verbindungen des Motorrad-Clubs, so zumindest die Eigenbezeichnung der Gruppierung, zur rechten Szene. Im vergangenen Jahr, konkret am 05.06.2021, löste die Bremer Polizei ein Treffen von 70 Personen auf, bei dem einige Kutten des Motorrad-Clubs trugen. Konfisziert durch die Polizei wurden bei diesem Treffen Waffen sowie CDs.
Darüber hinaus existieren Bilder in den sozialen Netzwerken, die Tim Wiese mit dem Frontmann der Bremer Band „Kategorie C“ zeigen. Die Band selbst wird zwar der Szene rechtsextremer Hooligans zugeordnet, da laut Behörden hierbei die Gewaltbereitschaft und nicht etwa die politische Gesinnung aber im Vordergrund steht, ist diese Band nicht verboten. Der Sänger Hannes Ostendorf ist jedoch Bruder des Rechtsextremisten Henrik Ostendorf und war auch selbst auf einigen Kundgebungen der rechten Szene vor Ort und trat aktiv in Erscheinung.
Wiese räumt ein mit dem Gründer befreundet zu sein
Tim Wiese, der beim Heimspiel gegen die Gladbacher Borussia nicht vor Ort war, räumt gegenüber der „DeichStube“ ein, mit dem Gründer der „Radikalen Kameraden Bremen“, Heiko Dörfer, nicht nur bekannt, sondern befreundet zu sein: „Heiko betreibt seit 25 Jahren ein Fitnessstudio in Lilienthal. Dort haben wir uns vor Jahren kennengelernt, weil ich dort intensiv trainiere. Wir sind befreundet. Heiko ist nicht rechtsradikal, in sein Studio gehen doch ganz viele Leute - Omas, Opas, alle.“ Dörfer selbst weist auch Verbindungen zur rechten Szene von sich: „Ja, ich bin Patriot und liebe mein Land. Aber wir sind nicht rechtsradikal. Wir halten uns als Motorrad-Club nicht mit Nazis auf, sondern fahren einfach nur Motorrad.“ Kontakt zu Ostendorf habe es allerdings zeitweise gegeben, da dieser kurzen Zeit im Fitnessstudio trainiert habe und den Motorrad-Club um Motorräder für ein Musikvideo gebeten hätte: „Das haben wir gemacht - und dann sind von der Polizei Fotos von uns bei der Anfahrt gemacht worden.“ Dörfer spielt damit auf das Treffen an, welches am 05.06.2021 von der Bremer Polizei aufgelöst wurde. Weitere Vorfälle habe es seitdem nicht mehr gegeben. Verbindungen der „Radikalen Kameraden Bremen“ mit der rechten Szene gibt es nach Aussage Dörfers nicht.
Auch Tim Wiese selbst bestreitet intensiv, mit dem rechten Spektrum zu tun zu haben: „Das ist absoluter Schwachsinn. Ich habe nichts mit der rechten Szene zu tun und positioniere mich auch ganz klar gegen rechts. Jeder, der mich näher kennt, weiß ich, dass ich mit vielen Migranten befreundet bin. Einige instrumentalisierende Möchtegern-Fans haben deshalb auch schon spekuliert, dass ich mit irgendwelchen Clans kooperiere. Das ist doch alles Unsinn.“ Auf den Umstand, wie die Bilder mit Ostendorf aber entstanden sind - darauf ging Wiese nicht ein.
Ein Stadionverbot wollen die Bremer Fans für Wiese aber nicht
Gleichzeitig muss aber auch gesagt werden, dass sich Wiese auch lange Zeit mit Murat Demir, einem türkischstämmigen Bodybuilder, gezeigt hatte und dieser auch der direkte Trainer Wieses war. Dass Wiese also per se Probleme mit Migranten hat, kann allein schon deswegen verneint werden. Auch gibt es kein Stadionverbot für Wiese, der auch zukünftig ins Weserstadion gehen möchte: „Warum sollte ich zu Hause bleiben? Da gibt es keine Probleme.“ Eine Zusammenarbeit von Werder Bremen mit Wiese gibt es aber im Gegenzug zu anderen ehemaligen Profis auch nicht, wie Werder Präsident Hubertus Hess-Grunewald gegenüber der „DeichStube“ betonte: „Das Thema Tim Wiese begleitet uns schon länger. Wir haben Ende vergangenen Jahres Hinweise zu entsprechenden Posts in den sozialen Medien bekommen. Daraufhin haben wir, also Frank Baumann und ich, ein sehr langes Gespräch mit Tim geführt und ihm unsere unmissverständliche Haltung gegen rechts verdeutlicht. Wir haben ihm gesagt, dass wir diese Haltung gerade auch von ihm als ehemaligen verdienten Spieler erwarten. Es gab bislang aus verschiedenen Gründen keine Zusammenarbeit mit ihm, deswegen mussten wir da nichts beenden.“
Gleichsam sagte der Präsident aber auch, dass der Verein Wiese zum Abschiedsspiel von Claudio Pizarro selbst wohl nicht eingeladen hätte, man aber dem ausdrücklichen Wunsch Pizarros entsprochen hatte. Bei diesem Event wiederum wurde Wiese von Fans genauso gefeiert wie alle anderen Gäste auch. Hess-Grunewald begrüßt indes auch die Reaktion Wieses auf das Banner: Tim hat sich nun klar von einer rechten Gesinnung und Menschen mit einer rechten Gesinnung distanziert. Das ist ein guter und richtiger Schritt. Aber wir werden ihn auch an diesen Aussagen messen und genau hinschauen.“ Ein Stadionverbot soll auch weiterhin nicht ausgesprochen werden: Wer sich an die Stadionordnung hält, darf sich auch die Spiele anschauen.“ Eine Gesinnungskontrolle werde Werder Bremen nicht durchführen, könne dies aber natürlich auch nicht.
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