Gleichzeitig ist es nicht verwunderlich, dass sich der Ehrenpräsident noch einmal im Nachgang so deutlich zu Kahn äußerte. Die Gründe liegen in der Person des Uli Hoeneß und seiner Geschichte bei den Bayern begründet. Bereits in der öffentlichen Wahrnehmung sind die Bayern untrennbar mit Uli Hoeneß verbunden. Es ist schwer vorstellbar, dass beide wirklich getrennt voneinander existieren könnten. Ohne Hoeneß wären die Bayer auch nie zu dem geworden, was sie heute sind. Hoeneß hatte in der Bundesliga vor allem anderen erkannt, wie wichtig die Vermarktung des Klubs ist, um finanziell besser aufgestellt zu sein.
Hoeneß ging neue und vor allem für Fußball-Deutschland neue Wege, um den Klub, der mit der Zeit immer mehr zu seinem Klub wurde, voranzubringen- mitunter auch mit eher in der Öffentlichkeit umstrittenen Methoden. Immer wieder wurde den Bayern unter Hoeneß vorgeworfen, dass man vor allem die deutsche Konkurrenz durch Transfers gezielt schwächt. Auch der Deal mit der Kirch-Gruppe in den 90ern wurde immer wieder kritisiert.
So umstritten auch Hoeneß immer wieder wahr, die Fans der Bayern sind ihm dankbar für alles. Selbst nach seiner Gefängnisstrafe wurde er sehr herzlich wieder aufgenommen. „Dem Uli“ wurde vollumfänglich verziehen. So wurde er nach dem Verbüßen der Haftstrafe noch im gleichen Jahr, 2016, zum neuen Präsident gewählt. 2019 zog er sich zwar offiziell mehr oder minder zurück und wechselte in den Aufsichtsrat. Dass er aber noch sehr machtvoll ist, bewies er mit seinen Aussagen im BR, als er sagte, dass er sich mit Rummenigge besprochen hatte oder anschließend, Kahn als CEO entließ. Kein anderes „einfaches“ Aufsichtsratsmitglied als Hoeneß würde dies so durchsetzen können.
Hoeneß sah aber seine Bayern unter Kahn auf einem anderen Weg. Es wurden zunehmend Entscheidungen getroffen, die Hoeneß so nicht ganz nachvollziehen konnte. Ebenso soll der ehemalige Bayern-Torhüter weniger familiär im Umgang mit den Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle gewesen sein. Doch gerade das war ein absoluter Gegensatz zu Hoeneß, der das vielbeschworene „Mia san Mia“- Gefühl mustergültig vorlebte. Er Verstand die Bayern als große Familie, Kahn offenkundig aber eher als Unternehmen. Ebenso deutete Hoeneß bereits unmittelbar nach der Entlassung im Mai an, dass er sich gewünscht hätte, dass sich Kahn auch bei Hoeneß in schwierigen Fragen eine Rat einholt, doch soll das so nie erfolgt sein.
Dass dann einem Jahrzehnt der immer wiederkehrenden Meisterschaft drohte, den Meistertitel zu verpassen, war Kahn öffentlich angezählt. Schon in den Wochen vor der Entlassung gab es entsprechende Gerüchte. Hoeneß betonte zwar im Nachgang, dass die Entscheidung nicht auf der sportlichen Entwicklung im Frühjahr beruhte, doch lässt sich ein entsprechender Kontext sehr wohl sehen, denn umso mehr die sportlichen Erfolge ausblieben, umso unruhiger wurde es im Verein und der FC Hollywood wurde in der Rückrunde der letzten Saison regelrecht wiedergeboren.
Kahn hatte es in dem Moment nicht geschafft, den Klub zu einen, sondern spaltete auch die Mannschaft, als man Toni Tapalovic auf Wunsch von Nagelsmann entließ und dieser dann zwei Monate später ebenso Geschichte bei den Bayern war. Hoeneß bezeichnete die Entscheidung der Entlassung als „nicht sehr schlau“. Auch hierbei, so erklärte er weiter, ist die Entscheidung von Kahn und dem damaligen Sportvorstand Hasan Salihamidzic getroffen worden und Hoeneß erst unmittelbar vor der Verkündung darüber in Kenntnis gesetzt worden.
So zeigte Oliver Kahn immer wieder, dass er seinen eigenen Weg gehen möchte, emanzipiert von Uli Hoeneß, was aber eine sehr sensible Thematik ist, denn für Hoeneß ist der FC Bayern München nicht nur seine Familie, sondern auch sein Lebenswerk, sein Vermächtnis. Wenn dies aber nicht genug gewürdigt oder in diesem Sinne weitergeführt wird, sieht sich Hoeneß bedroht. Neben all den sportlich diskussionswürdigen Entscheidungen von Kahn war dies aber der größte Fehler seiner Zeit als CEO bei den Bayern. Doch gerade ihm hätte dies aber nach 13 Jahren als Nummer 1 im Klub nicht passieren dürfen, denn er hat als Spieler lange genug alles gelernt, um zu verstehen, dass Uli Hoeneß auch nicht aus der Kultur des FC Bayern herauslösen kann und vor allem auch nie versuchen sollte.
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