Torwartdrama um Stefan Wächter
Die beiden einzigen Vereine aus der Region, die einst als DDR fungierte, Hansa Rostock und Energie Cottbus, verbindet so etwas, wie ein trotziger Freundschaftspakt. Als einzige Leuchtfeuer in der ansonsten trüben ostdeutschen Fußballlandschaft halten sie (noch) verzweifelt die Erstligafackel in die Höhe. Am Samstag trafen beide Klubs, mitten im Abstiegskampf verwickelt, aufeinander. Ein Drama deutete sich an, und 21357 Zuschauer im „Stadion der Freundschaft“ bekamen ein Drama zu sehen.
Nach 16 Minuten traf Cetkovic für die Gäste aus Rostock und die leidgeprüften Energie-Anhänger mussten mehr als eine Stunde warten, ehe Timo Rost den tosenden Anhang mit seinem Tor zum Kochen brachte (81.). Was folgte war ein wahrer Sturmlauf der Cottbusser, die nun ihre Chance witterten mit drei Punkten Luft im Abstiegskampf zu bekommen. In der 85. Minute köpfte Vasiljevic eine Skela-Flanke an die Latte, bei dem Versuch einer Abwehr verletzte sich Rostocks Wächter schwer am Knie. Mit schmerzverzerrten Gesicht deutete der zähe Schlussmann an, dass sein Körper nicht mehr konnte, nur: er musste. Pagelsdorf hatte bereits dreimal ausgewechselt. Statt nun seinem Vordermann Tim Sebastian, dem besten Torwart unter den Hansa-Spielern, sein Trikot zu geben, biss Wächter in Bert Trautmann-Manier auf die Zähne und versuchte die letzten Minuten auszuhalten. Dann drosch Cottbus-Akteur Rivic eine letzte verzweifelte Flanke in den Rostocker Strafraum, gegen die stehend k.o. agierende Hansa-Defensive in Person von Orestes, setzte sich der zuvor fünf Monate lang verletzte Dimitar Rangelov im Luftkampf durch und nickte den Ball Richtung Wächters Tor. Der so hart getroffene Wächter - die Diagnose lautet aktuell: Riss des vorderen Kreuzbandrisses, fünf Monate Pause – streckte sich, erwischte den Ball auch mit den Fingerkuppen und musste mit schmerzverzerrter Miene mit anschauen, wie Rangelovs Kopfball ins Tor trudelte. Besser kann ein dramatisches Fußball-Finale im Abstiegskampf nicht inszeniert werden. Während Wächter ins Reich des Schmerzes abtauchte und sein Gesicht in den Rasen vergrub, verwandelte sich das „Stadion der Freundschaft“ in ein rasendes Freudenhaus, die ganze Lausitz bebte und brüllte. Cottbus, bei denen Torhüter Tremmel zu den besten Akteuren gehörte, hat nun fünf Punkte Abstand auf Platz 16, Rostock ist punktgleich mit Nürnberg auf Platz 17. Stefan Wächter wird nun nur noch zuschauen müssen. Nach der niederschmetternden Diagnose am Montag sagte der in der Rückrunde so formstarke Schlussmann: „Das ist im Moment eine ganz bittere Situation für mich und die Mannschaft. Aber wir müssen dennoch nach vorne schauen. Ich hoffe, dass ich schnell wieder gesund werde und die Mannschaft in den verbleibenden Spielen die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holt.“ Notstandsparolen!