Torhüter im Brennpunkt
von Alexander Raack
Der deutsche Torwart im Allgemeinen hat ja einen exzellenten Ruf. Während sich
Engländer, Spanier oder Brasilianer in steter Regelmäßigkeit die Bälle selbst
ins Nest legten - und das in den entscheidenden Spielen - ist die deutsche Torhütergilde
eigentlich ein Muster an Präzision und guter Arbeit. Der 15. Spieltag stand
erneut im Zeichen der Keeper, nur von einem weiteren Imagegewinn konnte
man allerdings nicht sprechen.
In Bremen entschieden Christian Vander und Frank Rost die leidenschaftlich
geführte Partie. Vander, dem die Unsicherheit nach dem wackligen Auftritt in
der Champions League gegen Real Madrid selbst vor dem Bildschirm anzusehen war
- und damit doch arg an den fast vergessenen Pascal Borel erinnerte -
hatte seinen großen Auftritt in der 61. Minute. Einen Rückpass trat der bullige
Schlussmann und Ersatz von Tim Wiese direkt vor die Füße von Rafael
van der Vaart. Wäre es der Zerstörer David Jarolim gewesen: Vander hätte
wohl noch einmal Glück gehabt. Doch der begnadete Holländer hob den an seinem
Bein hochprallenden Ball mit der Innenseite über Werders Pechvogel hinweg ins
Tor, die Bremer Ostkurve begleitete die ewig scheinenden Flugbahn mit entsetzten
Stöhnen und gab Christian Vander damit noch die passende Begleitmusik zu seinem
katastrophalen Fehler. Gut für Vander, dass sich nur drei Minuten später der
Ex-Bremer und aktuelle HSV-Keeper Frank Rost überraschen ließ. Sonst die Erfahrenheit
in Person fand Rost bei der abgefälschten Flanke von Petri Pasanen nicht
die richtige Sprungposition und konnte den Ball nur noch ins eigene Netz abklatschen.
Doch nicht nur beim Spitzenspiel im Weserstadion sorgten die Torhüter für
reichlich Diskussionsbedarf. In Wolfsburg wechselte Alleinherrscher Felix
Magath Simon Jentzsch im Spiel gegen Eintracht Frankfurt zur Halbzeit
aus. Eine objektiv betrachtet überzogene Reaktion, zumal sich Jentzsch keinen
kapitalen Fehler geleistet hatte und dank seiner jahrelangen Dienste im VfL-Tor
diesen schmerzhaftesten aller Nackenschläge nicht verdient gehabt hätte. Andre
Lenz, der für Jentzsch eingewechselt wurde, konnte allerdings auch erst
bei den ersten Großaufnahmen als neuer Mann erkannt werden: Lenz ähnelt von
Statur, Frisur und überflüssiger Bartlinierung verblüffend seinem geschassten
Kollegen Jentzsch. Schon wird gemunkelt, dass Magath mit einer Verpflichtung
des bei Arsenal auf die Ersatzbank verbannenten Jens Lehmann liebäugle.
Rein optisch deutlich zu erkennen war Stuttgarts Raphael Schäfer. Nur
was die Leistung des 28-jährigen betrifft, sind sich die Beobachter aus dem
Schwabenland nicht mehr wirklich einig, ob das tatsächlich der Schäfer ist,
den man vor der Saison einigem Aufwand aus Nürnberg weglockte. Beim FCN brillierte
Schäfer als sicherer Rückhalt und kontrollierter Defensivorganisator
und war maßgeblich am Gewinn des DFB-Pokals beteiligt. Beim Deutschen Meister
ist er bereits des Öfteren den Beweis seiner Klasse schuldig geblieben. Gegen
Borussia Dortmund bot Schäfer trotz der Niederlage (1:2) eine ansprechende Leistung,
doch sein Fehler in der elften Minute ebnete den schwächelnden Dortmundern den
Sieg: Eine Flanke von Dede bekam Schäfer nicht zu fassen, der Ball sprang vom
unbeweglich wirkenden Delpierre ab und selbst Nelson Valdez schaffte es den
Ball anschließend aus handgemessenen 30 Zentimetern abzustauben. Schäfers Gegenüber
vom Samstag, Roman Weidenfeller, scheint sich allerdings langsam wieder
aus seinem Leistungsloch zu befreien: Gegen den VfB war auch der in dieser Saison
oft gescholtene Dortmunder ein Garant für den Erfolg.
Kurioses gab es im Stadion der Freundschaft in Cottbus zu bestaunen. Die Fans
aus der Lausitz, sonst wenig Spektakuläres bei Heimspielen des FC Energie gewöhnt,
sahen in der ersten Halbzeit gleich drei Aluminiumtreffer ihres Vereins: Erst
setzte Rangelov einen Freistoß an die Latte, später machte es ihm Angelov nach
und auch Timo Rost konnte den Ball nicht gegen Karlsruhes Jean-Francois Kornetzky
verwerten und traf den Pfosten. Cottbus-Keeper Gerhard Tremmel hatte
auf der anderen Seite dafür ausreichend Gelegenheit sich auszuzeichnen. Gleich
zu Beginn des Spiels verkürzte er geschickt den Winkel gegen den heranstürmenden
Sebastian Freis (6.), später reagierte er sensationell gegen Kapllanis Kopfball
(22.).
Bei Stefan Wächter ist man sich nicht so sicher: Ist gut genug für die
erste Liga, oder doch nur ein passabler Schlussmann für Liga Zwei? Beim Abstiegskandidaten
Hansa Rostock hat Wächter seit Saisonbeginn nun wahrlich genügend Möglichkeiten
sich auszuzeichnen, doch einige gute Szenen und starke Paraden gingen bei der
ansonsten fahrigen Arbeitsweise von Wächter unter. Auch gegen Hannover 96 verursachte
er ein Gegentor, als Mike Hanke den von Wächter nicht unter Kontrolle gebrachten
Ball ins Netz spitzelte. Bereits vorher hatte der Rostocker mit verunglückten
Abwehraktionen seine Mitspieler verunsichert. Seinem für Torhüter gerade zu
idealen Familiennamen macht der 29-Jährige zumindest in den vergangenen Wochen
keine Ehre.
Der Besuch der Bayern wird bei den Bielfeldern nicht nur wegen des typischen
Ergebnisses (0:1) einen schalen Beigeschmack hinterlassen haben, die Zuschauer
mussten auch noch den Ausfall von Stammkeeper Mathias Hain verkraften,
der nach einem Zusammenprall mit Miroslav Klose kurz vor der Pause ausgewechselt
werden musste. Für den bis dato kompakt stehenden Hain, kam Rowen Fernandez,
der nach einem Schuss von Luca Toni beinahe gleich hinter sich greifen musste.
Der Südafrikaner ließ in den zweiten 45 Minuten kein Gegentor mehr zu, für die
ideenlose Offensivleistung seiner Vorderleute konnte er nichts.