Kahn der Hexer?
Der TV-Kommentator kriegte sich nicht mehr ein und stammelte fassungslos: „Er zieht die Bälle magisch an.“ Gemeint war Oliver Kahn, 38, Torhüter beim FC Bayern, und seit dem Wochenende nicht nur „Titan“ und „Vul-Kahn“, sondern auch noch Hexer zwischen den Pfosten. Jedenfalls nach Meinung des Reporters, der Kahns Fußabwehr in der 29. Minute zu einem Jahrhundertereignis hochstilisierte. Was war passiert? Beim Stand von 1:0 für die Hausherren hatte der ansonsten unglaublich träge wirkende Bernd Schneider in den Strafraum geschossen (oder geflankt?), Barbarez lenkte den Ball Richtung Tor. Kahn war bereits zu einem sauberen Hechtsprung abgehoben, das Spielgerät trudelte bedrohlich nahe bis zur Torlinie. Doch im letzten Moment streifte die Kahnsche Hacke noch den Ball, der tatsächlich neben dem Pfosten aufsetzte und ins Aus kullerte. Spröde gesagt: Kahn hatte Glück, denn eine bewusste Bewegung zum Ball konnte er nicht mehr machen. Premiere-Experte Matthias Sammer hatte eine weitere Erklärung parat: „Kahn hat diese einmalige Körperspannung und deshalb den Ball erreicht.“ Zaubern musste der Bayern-Torwart also nicht, es genügte einfach, dass er das tut, was Nachwuchsfänger schon in der F-Jugend lernen: So lang, wie möglich machen.
Für die große Show sorgte allerdings nicht Kahn, sondern René Adler, was allerdings auch damit zu tun hatte, dass der junge Bayer-Torwart mehr als ein Dutzend Bälle abwehren musste, seine Abwehr agierte fahrlässig und unaufmerksam. Adler musste so oft durch den Strafraum fliegen, dass die Zuschauer befürchten mussten, er würde bei jeder nächsten Aktion aus der Allianz-Arena entschweben. Allein Lukas Podolski scheiterte in kürzester Zeit dreimal an Adler. Bei den Gegentreffern blieb ihm nur die Zuschauerrolle, so einfach hatte es die Leverkusener Defensive Luca Toni bei seinem Doppelpack gemacht. Wenige Augenblicke nach dem Schlusspfiff fingen die TV-Kameras den talentierten Torhüter ein und siehe da: Er lächelte entspannt. An der klaren Niederlage wird es nicht gelegen haben, vielmehr daran, dass Adler wusste, dass es nicht an ihm gelegen hatte, die Pleite.