Pascal Formann (VfL Wolfsburg): „Zu oft wird nach der spektakulären Riesenparade Ausschau gehalten!“ - Teil 1/2
von Marcel Schäfer - März 2022
Im torwart.de-hautnah-Interview gibt uns Torwarttrainer Pascal Formann vom VfL Wolfsburg interessante Einblicke in die Zusammenarbeit zwischen Torwarttrainer und dem Wölfe-Cheftrainer Florian Kohfeldt, der in seiner aktiven Zeit ebenfalls im Tor stand. Weiter erläutert Formann u.a. wie seine Trainingsschwerpunkte in der kurzen Winterpause aussahen, wie die Trainingsarbeit mit den Toptorhütern Koen Casteels und Pavao Pervan gestaltet ist, wie er den bisherigen Saisonverlauf aus Torhütersicht bewertet und welche Bedeutung Torhüterrankings für ihn haben.
torwart.de: Wie bist du mit dem bisherigen Verlauf der Saison mit den Leistungen der Torhüter zufrieden?
Pascal Formann: Grundsätzlich bin ich mit allen unseren vier Torhütern sehr zufrieden. Koen Casteels hat in den Spielen insgesamt souverän und solide gespielt. In der Vorrunde hatte er nur wenige Spiele, in denen er sich groß auszeichnen oder herausragend spielen konnte. Die für mich wichtigen Grundelemente im Torwartspiel hat er in allen Spielen souverän und solide gelöst. Trotzdem waren er und auch Pavao Pervan, der aufgrund Koens Corona-Erkrankung einige Spiele zum Einsatz kam, beim einen oder anderen Tor in der Fehlerkette auch mit beteiligt. Diese Szenen haben wir entsprechend analysiert und besprochen.
Infos zu Pascal Formann:
Nationalität: Deutschland
Geburtstag: 16.11.1982
Geburtsort: Werne, Deutschland
Vereine als Trainer: Charlton Athletic (Torwart-Trainer, Koordinator Torwartbereich), VfL Wolfsburg (Torwart-Trainer U15-U19), Seit 2017 Torwart-Trainer der Profis vom VfL Wolfsburg, UEFA A-Lizenz Torwart-Trainer
Vereine als Spieler: Duisburg U19, Nottingham Forest, Grantham Town FC, Arminia Bielefeld, 1.FC Saarbrücken, BV Cloppenburg, KSV Hessen Kassel
Größe (cm): 188
torwart.de: Wie siehst du die Entwicklung der beiden Torhüter Niklas Klinger und Philipp Schulze?
P. Formann: Ich bin mit beiden Torhütern sehr zufrieden. Niklas Klinger gehört mit seinen 26 Jahren schon fast zum „alten Eisen“. Er überzeugt in allen Facetten des Torwartspiels und zeigt im Training starke Leistungen. Besonders fußballerisch hat er herausragende Qualitäten, welche er z.B. im Training bei den kleinen Spielformen immer zeigen kann. Er kann sehr viel Druck auf unsere Nummer zwei, Pavao Pervan, ausüben. Das ist sehr wichtig, denn so pushen sich die Torhüter gegenseitig zu noch besseren Leistungen.
Der 19-jährige Philipp Schulze ist seit knapp 8 Monaten im Trainingsbetrieb bei uns mit dabei. Die Spiele in der U19-Bundesliga, das Torwarttraining bei mir und das Mannschaftstraining im Profiteam haben ihm sehr geholfen, so dass er einen ordentlichen Entwicklungsschub in Richtung Profi- und Erwachsenenfußball machen konnte. Für ihn gilt es jetzt, den nächsten Schritt zu machen, körperlich topfit zu sein und besonders auch an den körperlichen Voraussetzungen für den Profifußball zu arbeiten. Natürlich ist seine Schonzeit auch bald vorbei. Dann wird er nicht mehr als der junge U19-Torhüter gesehen, sondern wird daran gemessen, wie seine Leistungen im Profitraining sind, und ob er seine Potentiale weiterentwickeln kann.
torwart.de: Koen Casteels fiel vor einiger Zeit mit einer Coronaerkrankung aus: Wie sah das Aufbautraining nach der Genesung aus?
Pascal Formann: Bevor die Spieler nach einer Corona-Infektion wieder ins Torwart- oder Mannschaftstraining kommen können, werden mehrere Untersuchungen durchgeführt und vorgegebene Abläufe durchlaufen. Nachdem Koen aus medizinischer Sicht grünes Licht bekommen hatte, habe ich mit ihm 5 Tage Torwarttraining gemacht und dabei die Belastungsdauer sukzessive erhöht: am Anfang trainierten wir eine halbe Stunde, dann haben wir weiter auf 40 Minuten und 60 Minuten gesteigert. Von den Abläufen haben wir es ganz einfach gehalten, haben dann auf Doppelaktionen erweitert, mehr Fokus auf die Beinarbeit gelegt und letztlich komplexere Trainingsformen des Torwarttrainings durchgeführt. Wir haben dabei immer geschaut, wie sein Körper die höhere Belastung und erhöhte Trainingsintensität verkraftet. Er hatte schon 4-5 Tage gebraucht, um auf 100% zu kommen. Das unterstreicht auch, dass im Profisport nach einer Corona-Erkrankung eine gute Steuerung nötig ist, um die Athleten wieder leistungsfähig auf den Platz zu bekommen.
torwart.de: Der Cheftrainer der Wölfe, Florian Kohfeldt, war in seiner aktiven Zeit auch Torhüter. Welchen Unterschied macht es, wenn der Cheftrainer sehr viel vom Torwartspiel versteht?
Pascal Formann: Als ehemaliger erfahrener Torhüter hat er selbstverständlich einen ganz besonderen Blick auf das Torwartspiel. Er weiß um die besonderen Belange der Torhüter, wenn es um die Abläufe im Training geht und kann sich in die Analyse von Spiel- und Trainingssituationen aus dem Blickwinkel der Torhüter hineinversetzen. Man merkt hierbei schon einen Unterschied zu den bisherigen Cheftrainern, die das Torwartspiel aus einer anderen Perspektive bewertet haben. Wir tauschen uns detailliert in den Fachthemen rund um die Torhüter aus und haben neben der sehr gut funktionierenden menschlichen Ebene eine hervorragende Zusammenarbeit auf der inhaltlichen Ebene. Dies gilt für das gesamte Trainerteam. Die Rollen im Trainerteam sind natürlich klar verteilt. Florian ist der Cheftrainer mit der Gesamtverantwortung und ich bin für die Gestaltung des Trainings auf der Torwartposition zuständig und nehme wie die anderen Trainer eine wichtige Rolle im Trainerteam ein. Wir tragen somit alle dazu bei, dass der Cheftrainer gute und richtungsweisende Entscheidungen treffen kann.
torwart.de: Welche besonderen Anforderungen hat der Cheftrainer an die Torhüter?
Pascal Formann: Unser modern ausgerichtetes Torwartspiel und dessen taktische Ausrichtung hat sich auch unter Florian Kohfeldt im Wesentlichen nicht verändert. Unser Cheftrainer schätzt unsere stabile und kontinuierliche Arbeitsweise im Torwartbereich und weiß, dass wir mit Koen Casteels eine herausragende Nummer eins haben. Hierbei bekomme ich in meiner Arbeit das höchste Vertrauen vom Cheftrainer. Im Spielaufbau legen wir hohen Wert darauf, dass die Torhüter von hinten mit das Spiel aufbauen und als 11. Feldspieler eingebunden werden.
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