Das Jahr eins nach dem WM-Sieg bedeutet auch für die deutsche Nationalmannschaft im Tor neue Zweikämpfe. Manuel Neuer ist gesetzt, dahinter könnte es aber spannende Duelle geben. Torwart.de sprach mit Bundestorwarttrainer Andy Köpke über die WM 2014, Neuers grandiose Leistungen und über die Kandidaten dahinter.
torwart.de: Mit etwas Abstand betrachtet, konntest du die WM schon rückblickend analysieren?
Andreas Köpke: Ja, ich habe es in den Wochen danach auch richtig realisiert, was uns in Brasilien gelungen ist und durch den Film "Die Mannschaft" sind die Bilder und Emotionen noch mal hochgekommen!
Auch die sportliche Analyse fiel durchweg positiv aus. Wir haben trotz der klimatischen Bedingungen temporeichen Offensivfußball gesehen, klasse Torhüterleistungen und wir sind verdient Weltmeister geworden!
torwart.de: Es hieß dieser WM Erfolg sei durchgeplant worden. Kann man Erfolg wirklich so geradlinig planen?
Köpke: Durchgeplant heißt für mich, dass man die bestmöglichen Voraussetzungen ( z.B. Trainingslager Südtirol, Camp in Brasilien, Reiseplanung) schafft, um so ein großes Turnier optimal zu gestalten. Dann die Planung der Trainingsinhalte die in der Vorbereitung und während des Turniers umgesetzt werden müssen. Das alles ist ein Prozess der über ein Jahr vor einem Turnier geplant und umgesetzt wird! Man kann alles planen und sich noch so viele Gedanken machen, entscheidend ist, dass man flexibel bleibt und auf unvorhersehbare Dinge dann die richtigen Entscheidungen trifft.
torwart.de: Wie viel hat dir der Titel persönlich bedeutet?
Köpke: Das ist schon ein unglaublich emotionales Gefühl nach dem Titelgewinn 1990 in Italien, wo ich als Spieler dabei war, jetzt als TW- Trainer in Rio noch mal den Titel zu holen. Wir waren bei den letzten 4 großen Turnieren immer bis zum Schluss dabei aber wir haben es nie zu Ende gebracht. Jetzt waren wir einfach dran und sind verdient Weltmeister geworden!
torwart.de: Manuel Neuer hatte es in diesem Jahr geschafft, sich die Krönung zu holen. Welchen Anteil hatte er am WM Titel?
Köpke: Jeder hat gesehen was für eine überragende WM Manuel gespielt hat, gerade wenn man weiß, wie die Vorbereitung mit seiner Schulterverletzung, die er sich im Pokalfinale geholt hat, gelaufen ist. Er hat kein Vorbereitungsspiel gemacht und das erste Mal mit dem Ball in Brasilien trainiert. Er hat natürlich einen großen Anteil am Titelgewinn, aber das Motto war " Die Mannschaft" und da gehören 23 Spieler dazu!
torwart.de: Es wird viel über Manuels Nominierung zum weltbesten Spieler gesprochen. Kann man Feldspieler mit einem Torhüter überhaupt in eine Wertung bringen?
Köpke: Ich sehe es wie O. Kahn. Man sollte die Kategorien trennen, die Wahl zum Welttorhüter aufwerten und beim Weltfußballer nur Feldspieler zulassen. Manuel ist mit Abstand zum Welttorhüter des Jahres gewählt worden und diese Wahl konnte nun wirklich niemand anderes gewinnen!
torwart.de: Im Spiel gegen Algerien holte er sich seinen Ritterschlag als Libero. Blieb dein Herz bei der einen oder anderen Aktionen durchaus mal stehen oder hattest du vollkommenes Vertrauen in Manuel?
Köpke: Nein, ich habe volles Vertrauen in Manuel und seine Spielweise. In diesem Spiel hat er zeigen müssen, was das moderne Torwartspiel für Anforderungen an die heutige Torwartgeneration stellt! Manuel hat sich noch mal weiterentwickelt, noch mehr Erfahrung gesammelt, hat sein drittes großes Turnier gespielt und kann diese Situationen in denen er weit aus seinem Tor muss sehr gut einschätzen.
torwart.de: Wie haben dir die allgemeinen Torwartleistungen bei der WM gefallen? Konntest du eine Veränderung zu 2010 erkennen?
Köpke: Wir haben bei der WM sehr gute Torhüterleistungen gesehen und im Gegensatz zu 2010 weniger gravierende Torwartfehler. Es sind neben den ohnehin bekannten Torhütern auch Klasseleute wie, Ochoa (Mexico), Bravo (Chile) mit dem sich M. ter Stegen in Barcelona auseinandersetzen muss, Navas (Costa Rica, jetzt Real Madrid) oder auch R. M´Bohli (Algerien), der es uns im Achtelfinale schwer gemacht hat, in den Vordergrund gerückt. Selbst die Afrikanischen Mannschaften hatten überwiegen gute Torhüter.
torwart.de: Roman Weidenfeller und Ron Zieler haben sich perfekt in das Mannschaftsbild eingefügt. Wie wichtig war ihre Rolle?
Köpke: Sie haben ihre Rolle optimal ausgefüllt, super trainiert und haben Manuel in jeder Hinsicht unterstützt. Gerade Roman, der ja auf Grund der Verletzung von Manuel alle Vorbereitungsspiele gemacht hat, hat Manuel volle Rückendeckung gegeben. Wir waren auf der Torhüterposition sportlich und charakterlich Top besetzt!
torwart.de: Aktuell hat Roman mit einer schwierigen Zeit zu kämpfen. Hat dich der Wechsel persönlich überrascht?
Köpke: Natürlich habe ich Kontakt zu Roman und habe mit ihm über die Situation gesprochen. Sicherlich hat es mich genauso wie Roman überrascht, aber die Vorbereitung auf die Rückrunde hat begonnen und ich bin davon überzeugt, dass er im ersten Spiel gegen Leverkusen wieder im Tor steht!
torwart.de: torwart.de hatte vor kurzem über Torwartwechsel als "Impulsgeber" für die Mannschaft gesprochen. In dieser Saison gab es durchaus eine Häufigkeit (HSV; Nürnberg; 1860; Dortmund; VfB). Wie siehst du diesen "Trend"?
Köpke: Ich sehe das nicht als Trend, aber die Vereine, die Sie aufzählen, sind alle hinter den Erwartungen zurückgeblieben und haben viele Gegentore kassiert. Man versucht als Trainer vielleicht neue Impulse und Reize zu setzen und macht auch vor Torhütern nicht halt!
torwart.de: Generell gibt es einen großen Kampf um die Plätze danach: Baumann, ter Stegen, Trapp, Leno, Horn, Fährmann, Karius - macht so eine große Auswahl es schwieriges, den einen oder anderen in das Team zu integrieren?
Köpke: Es zeigt einfach wie viel Potential wir an jungen Torhütern in Deutschland auf der Torhüterposition haben. Allerdings ist es wirklich schwierig, aufgrund des engen Spielplans und der Tatsache das die U21 im Sommer die EM spielt, den einen oder anderen Torhüter mal zum A-Team einzuladen.
torwart.de: Worauf wirst du deine Schwerpunkte im Jahr 2015 legen? Vor allem im Bezug auf die Nationalmannschaft, dem Torwarttraining und einer möglichen Strategie für die EM 2016?
Köpke: Wir haben ja nur im März und Juni je 2 Spiele, da heißt es, die Pflichtpunkte in Georgien und Gibraltar zu holen. Im Herbst kommen dann die Spiele Polen, Irland und Schottland, wo wir dann die EM- Qualifikation perfekt machen wollen. Natürlich kommen dazu Spielbeobachtungen und Meetings mit der Planung Richtung EM-Quali im Herbst und Endrunde der in Frankreich.
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