torwart.de: Du bezeichnest dich auch als "Athletiktrainer". Was hat es damit auf sich?
Schenk: Ich habe nach meiner aktiven Karriere als Torwart leider nicht sofort wieder die Tür in den Fußball geöffnet bekommen. Daraufhin habe ich an der Universität Hamburg, in der Leistungsdiagnostik bei Professor Klaus-Michael Braumann, ein Praktikum absolviert und mich nebenbei als Athletiktrainer weitergebildet. Diese Erfahrung hilft mir jetzt unglaublich, das optimale Krafttraining für die Position des Torwarts zu erarbeiten – immer in enger Absprache mit unserem Athletiktrainer Carsten Schünemann. Insofern war dieser vermeintliche Umweg mehr als hilfreich.
torwart.de: Wie sollten sich Torhüter von Feldspielern in der Athletik unterscheiden?
Schenk: Torhüter werden ganz anders belastet als Feldspieler. Eine gute Grundlagenausdauer ist eine Voraussetzung, , die in der Sommer- und Winterpause erarbeitet werden muss. Ausdauerläufe und 60 Minuten-Läufe im Wald sind in der Saison für Torhüter nicht mehr notwendig Dann arbeiten wir an Muskelaufbau, Maximalkraft, Sprint- und Sprungkraft. Vieles kommt aus der Leichtathletik, aus dem Basketball oder Football. Die Jungs haben immer einen individuellen Kraftplan über acht bis zehn Wochen, den sie eigenständig abarbeiten. Ein Torwart arbeitet einfach auch noch viel mehr am Core und seiner Oberkörperkraft als ein Feldspieler.
torwart.de: Arbeitest du mit deinen Torhütern auch Karrierepläne aus und man bespricht den "optimalen Weg"?
Schenk: Um die Jungs zu verstehen und sie auf ihrem Weg bestmöglich zu begleiten, ist es auf jeden Fall wichtig, dass man ständig im Austausch bleibt. Die Jungs sollen nach dem höchsten Streben. Träume sind unglaublich wichtig auf dem Weg zum Ziel.
torwart.de: Was ist besonders wichtig für Keeper, die aus der Jugend zu dir kommen: Was muss man umstellen/anders machen, um den Sprung zu den Senioren zu meistern?
Schenk: Sie müssen Geduld mitbringen und müssen hart arbeiten wollen.
torwart.de: Kommen wir zu deiner eigenen Karriere: Dein Vater hat 1988 eine Goldmedaille im Zehnkampf errungen, wie sehr hat dich die Sportfamilie geprägt? Wie wichtig sind Eltern für den Erfolg?
Schenk: Unglaublich. Mein Vater und Großvater haben mich inspiriert. Ohne, dass sie mir da jemals Druck gemacht haben. Mein Großvater war ein sehr erfolgreicher Torwart in der Nationalmannschaft der DDR, hat unter anderem bei den Olympischen Spielen in Tokyo 1964 die Bronzemedaille gewonnen und auch im Verein bei Hansa Rostock das Torwartdasein geprägt. Mein Vater war natürlich ein großer Schatten, aber nur für andere nicht für mich. Ich bin stolz auf jeden in meiner Familie, ob Sportler oder nicht. Meine Familie hat mich in jedem Schritt den ich gemacht habe, unterstützt und begleitet. Auch wenn es hieß, ich breche die Schule oder die Ausbildung ab, haben sie nicht dagegen angekämpft, sondern gewusst, dass es für mich nur ein Ziel gab. Dafür bin ich mehr als dankbar.
torwart.de: Wie war die Arbeit bei den U11-13 Jährigen für dich? Steht dort der Spaß im Vordergrund?
Schenk: Unglaublich schön, die Arbeit mit den Jungs war einfach ein wunderschöner Job. Es ist spielerischer, leicht und fröhlich. Ich hätte keinen schöneren Einstieg in das Trainergeschäft haben können als mit diesen Jungs. Diese Phase meines Lebens war wie eine Glückstherapie. Die Jungs sind mir bis heute ans Herz gewachsen. Vielleicht trainiere ich sie ja in sieben oder acht Jahren wieder in der U21. Das ist ein kleiner Traum von mir.
torwart.de: Zum großen Durchbruch hat es nie ganz gereicht bei dir. Was fehlte dir dabei?
Schenk: Aus meiner Sicht habe ich es schon geschafft. Ich war nie das große Talent und habe mir jeden einzelnen Step hart erarbeitet. Ob die ersten Herrenspiele bei Hansa Rostock, die ersten Profi-Freundschaftsspiele und auch die Erfahrung, in der 1.Bundesliga auf der Bank zu sitzen, dazu die Einsätze in Schottland. Alles war pure Offenbarung an mich und meinen Körper. Ich bin dankbar für diese Zeit, die ich leider auf Grund zu vieler Verletzungen und zu wenig Spielen frühzeitig bewusst beendet habe. Was gefehlt hat, war die Gesundheit und dadurch das Training, das wurde mir im Alter von 27 bewusst. Mein Körper hat sich bis heute nie ganz erholt von der harten, aber unglaublich schönen Zeit. Ich sehe es auch mit Abstand eher als eine gute Karriere an, weil ich mich gegen nahezu alle Widerstände durchgesetzt habe. Die Gesundheit war mir am Ende aber wichtiger, als ein Vertrag im bezahlten Fußball.
torwart.de: Wie oft denkst du noch an dein einziges Spiel für Dundee beim 2:6?
Schenk: Immer, wenn ich drauf angesprochen werde (lacht).. Ich hätte es lieber 1:0 gewonnen, haben wir aber leider nicht. Somit kann ich nur über mein einziges SPFL-Spiel sagen, dass ich leider sechs Dinger kassiert habe. Aber ich habe auch League Cup und Reserve League auf der Insel gespielt und die Partien waren deutlich erfolgreicher, leider wurde darüber nie berichtet (lacht). Dennoch: Dieses Derby gespielt zu haben, werde ich nie vergessen, es ist ein Teil meiner Geschichte.
torwart.de: Wie wichtig würdest du das erste Spiel bei einem Verein für einen Torwart bezeichnen, da manche Torhüter keine zweite Chance mehr bekommen?
Schenk: Es ist unglaublich wichtig! Es ist der erste Eindruck beim Team, beim Trainer, bei den Medien und bei den Fans und wie sagt man: Der erste Eindruck hat keine zweite Chance. Aber ich glaube nicht, dass ein schlechtes erstes Spiel unbedingt ausschlaggebend für eine Karriere ist - auch wenn es bei dem Beispiel meiner Karriere anderes wirkt. Bei mir hat der Mensch und der Sportler immer mehrere Chancen, wenn er sie sich erarbeitet und verdient.
torwart.de: Wie war die Zeit bei Wolfsburg und St. Pauli für dich? Was konntest du da für dich mitnehmen?
Schenk: Die Stationen bei St. Pauli und Wolfsburg waren eine unglaublich lehrreiche Zeit. Ich habe mit Matze Hain einen Sportlerkollegen, Trainer und Freund gefunden, der mich unglaublich geprägt hat. Jedes Training kam ich vom Platz und hatte das Gefühl, was Neues gelernt zu haben. In Wolfsburg habe ich gelernt, gegen Widerstände anzukämpfen, auch das hat mich im Nachhinein viel stärker gemacht, als ich damals gedacht hätte. Es waren sportlich keine guten Jahre für mich, aber als Sportler hat es mich trotzdem stärker gemacht. Dafür bin ich Wolfsburg auch dankbar. In beiden Vereinen habe ich Freunde fürs Leben gewonnen. Athletisch habe ich mich in Wolfsburg unglaublich entwickelt. Das harte Training hat mir gezeigt, was alles möglich ist.
torwart.de: Du warst 13 Jahre bei Hansa Rostock. So viel Treue gibt es heute nur noch selten. Wie kam es dazu?
Schenk: Ich bin Rostocker und von der F-Jugend bis zum Profiteam durch alle Mannschaften gelaufen. Das war eine unvergessliche Zeit – man fängt als Kind an und verlässt den Verein als Mann. Bis heute sind die Heimat und der Verein für mich etwas ganz Besonderes. Ich verfolge immer noch jedes Spiel und wünsche Hansa Rostock bald wieder eine Zeit in der 2. Liga und dem Nachwuchs wieder Zeiten, in denen sie in der A- und B-Junioren-Bundesliga die großen Clubs ärgern können. Trainer wie Thomas Fink und Roland Kroos waren für mich prägende Trainer Der Verein, die Stadt, meine Familie und meine Freunde waren ein Anker, der bis heute in mir ist.
torwart.de: Du musstest mit 28 deine Karriere bereits beenden. Wie bitter war das für dich?
Schenk: Nach dem Verlassen von Dundee mit 27 war mir klar, dass meine Profikarriere beendet ist. Ich habe mich bewusst gegen Profisport und für das Amateur-Dasein entschieden, um die Karriere nach der Karriere anzugehen. Ich hätte natürlich gerne bis 35 oder 40 gespielt, aber so gut war ich dann wohl einfach nicht. Zudem war mein Körper schon mit Anfang 20 wie der eines deutlichen älteren Torwarts. Das war also wohl mein biologisches Karriereende und das habe ich akzeptiert. Und schaue stolz drauf zurück.
torwart.de: Danke dir!
Schenk: Bitte sehr!
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