Pascal Formann (VfL Wolfsburg): „Koen Casteels spielt auf sehr hohem Niveau und gehört zu den besten Torhütern in dieser Saison!“ - Teil (3/3)
von Marcel Schäfer - März 2021
torwart.de: Viele junge Torhüter aus dem Jugend- und Amateurbereich dürfen noch nicht zurück auf den Platz. Welche Ratschläge kannst du geben, um möglichst fit wieder auf den Platz zurückkehren zu können, wenn das Training in ein paar Wochen wieder erlaubt ist?
Pascal Formann: Insgesamt ist das ein sehr schwieriges Thema. Wir sind uns bewusst, dass wir im Profibereich eine Sonderstellung haben, da wir tagtäglich unserer Arbeit in Form von Training und Spiel nachgehen dürfen. Die Jungs unserer U23 können sich zumindest im Training fit halten, auch wenn keine Meisterschaftsspiele momentan in der Regionalliga stattfinden. Wenn man nur zuhause trainieren kann, muss man sich hauptsächlich mit Laufen, Übungen im Bereich der Stabilisation und Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht für den Restart fit halten. Vielleicht hat der eine oder andere noch die Möglichkeit, auf einem Sportplatz mit einer anderen Person die eine oder andere torwartspezifische Trainingsübung durchzuführen. Ideen und Anregungen kann man sich hierbei auch Verbände, torwart.de, Trainingsseiten oder YouTube einholen. Es wäre großartig, wenn die Torhüter, die gerade nicht trainieren können, auch von ihren Trainern, Torwarttrainern und Vereinen Trainingsangebote bekommen würden.
Infos zu Pascal Formann:
Nationalität: Deutschland
Geburtstag: 16.11.1982
Geburtsort: Werne, Deutschland
Vereine als Trainer: Charlton Athletic (Torwart-Trainer, Koordinator Torwartbereich), VfL Wolfsburg (Torwart-Trainer U15-U19), Seit 2017 Torwart-Trainer der Profis vom VfL Wolfsburg, UEFA A-Lizenz Torwart-Trainer
Vereine als Spieler: Duisburg U19, Nottingham Forest, Grantham Town FC, Arminia Bielefeld, 1.FC Saarbrücken, BV Cloppenburg, KSV Hessen Kassel
Größe (cm): 188
torwart.de: Schon seit fast einem Jahr wird mit sogenannten „Geisterspiele“ in der Bundesliga gespielt. Inwieweit beeinflusst dies das Coaching von Trainer zu Torwart und der Spieler untereinander?
Pascal Formann: Einerseits ist das Coachen bei Geisterspielen gut, da man auch seinen Mitspieler über eine weitere Distanz hört. So kann man sich gegenseitig wichtige Infos und Kommandos geben, was vorher im vollen Stadion so nicht möglich war. So können die einzelnen Mannschaftsteile wie z.B. die Abwehr mit dem Torwart hervorragend kommunizieren. Ich denke, dies haben die Mannschaften und Trainer in den letzten Monaten auch weiter perfektioniert. Der Nachteil ist natürlich, dass auch der Gegner die Kommandos und taktischen Anweisungen einfacher mitbekommt und sich darauf einstellen kann. Auch gegenüber den Schiedsrichtern muss man aufpassen, dass man nicht alles kommentiert, denn auch die Schiris hören deutlich mehr als zuvor. Als Torwarttrainer versuche ich vielmehr non-verbal zu coachen, wie z.B. mit Augenkontakt, auch mit bestimmten Zeichen kann man gut auf seine Torhüter einwirken. Ich denke auch generell, dass die Torhüter auf diesem Level weniger Coaching benötigen, sondern ihr Spiel selbst durchdrücken müssen. Es macht mehr Sinn, in der Halbzeit oder in der Spielanalyse nach dem Spiel die Dinge, die auffallen, zu besprechen.
torwart.de: Wie unterscheidet sich die Trainingssteuerung in den englischen Wochen gegenüber einer gewöhnlichen Trainingswoche?
Pascal Formann: Als wir noch in der der Europa League vertreten waren, hatten wir sehr viele Spiele unter der Woche. Die Trainingsumfänge wurden dadurch deutlich reduziert. Die Trainingssteuerung musste modifiziert werden. Die Umsetzung der notwendigen Trainingsinhalte war nicht immer wie gewünscht möglich. Die Wettkampfbelastung der Athleten war sehr hoch. Insofern ist es jetzt wieder deutlich einfacher, wenn wir als Trainer die vollen Trainingswochen zur Verfügung haben.
torwart.de: Welche Schwerpunkte lassen sich in der aktuellen Saisonphase im Torwartbereich trainieren?
Pascal Formann: Das oberste Ziel ist immer, dass unsere Torhüter für die Anforderungen des kommenden Spieltags gewappnet sind. So stehen während einer Trainingswoche immer alle Bereiche des Torwartspiels im Fokus. Dazu gehören die elementaren Dinge/Basics aus den Bereichen Zielverteidigung, Raumverteidigung und Spieleröffnung. In einer normalen Trainingswoche legen wir auch verstärkt unseren Fokus auf das spielnahe Training der Entscheidungen, die im Torwartspiel immer vorkommen und wichtig sind. Wichtig dabei ist die Einbindung der Torhüter in verschiedene Spielformen mit den Feldspielern, um möglichst spielnah zu trainieren. Wenn wir englische Wochen haben, passen wir die Intensität im Torwarttraining auch entsprechend an. Der Torhüter, der gespielt hat, trainiert dann mehr die Grundlagen und schärft die Automatismen, so dass die Abläufe wieder in Fleisch und Blut übergehen. Das kann auch ein lockeres Passspiel sein oder Schüsse mit Positionswechseln. Bei den Torhütern, die nicht zum Einsatz kamen, intensivieren wir das Torwarttraining und nutzen dazu auch das Spielersatztraining, so dass sie im ebenso im Rhythmus bleiben können. Besonders in dieser Phase ist es auch sehr wichtig, dass wir einen engen Austausch zwischen Torhüter und Torwarttrainer haben, um vom Torwart zu erfahren, wie er sich momentan fühlt, welche Intensitäten er trainieren kann und welche Inhalte für ihn nötig sind.
torwart.de: Kürzlich wurden die Ergebnisse der „Taskforce Zukunft Profifußball“ veröffentlicht. Inwiefern verfolgst du die Arbeit der Taskforce und welche Schlüsse ziehst du daraus?
Pascal Formann: Da der Fußball gesellschaftlich einen hohen Stellenwert hat und mit viel Aufmerksamkeit von vielen Menschen beobachtet wird, habe ich die Arbeit der Task Force zur Zukunft des Profifußballs mitverfolgt. Ich finde es richtig, wenn der Fußball intensiv über dessen zukünftige Rolle und Gestaltung nachdenkt und auch Experten aus den verschiedensten Bereichen zum Austausch holt. Der Fußball hat so viele Facetten und sehr viele Bereiche aus der Gesellschaft sind mit dem Fußball in enger Verbindung. Gerade jetzt in der Corona-Zeit wurde dem Profifußball auch verdeutlicht, dass die Interessen aller Beteiligter berücksichtigt werden mussten. Nur so konnte die Fortführung des Profisports in der schwierigen Zeit gerechtfertigt werden und in der Gesellschaft die notwendige Akzeptanz finden. Für die Zukunft finde ich es wichtig, dass der Profifußball durch die Task Force die künftige Ausrichtung in Abstimmung mit diversen Experten analysiert und die beste künftige Positionierung für den Fußball findet.
torwart.de: In der Taskforce wurde auch über die stärkere Regulierung der Beraterbranche diskutiert. Auf welche besonderen Aspekte sollen Torhüter bei der Wahl ihrer Berater achten?
Pascal Formann: Die Berater gehören heutzutage zum Fußballgeschäft dazu. Gerade junge Spieler fragen uns auch immer wieder, welchen Berater wir empfehlen können. Wichtig ist, dass man einen Berater hat, dem es um die nächsten Entwicklungsschritte des Torhüters geht und weniger um den eignen finanziellen Nutzen. Immer wieder kommt es z.B. vor, dass wir uns auch mit dem Spieler schon einig sind und eine Verpflichtung für den Spieler und Verein absolut Sinn macht, der Wechsel aber schlussendlich nicht zustande kommt, weil eine Einigung mit dem Berater nicht erfolgte. Der für mich ideale Berater steht mit Rat und Tat seinen Schützlingen zur Seite und gibt ihnen professionelle Hilfestellunggeben. Der Spieler sollte selbst entscheiden und auch verstärkt auf sein Bauchgefühl hören.
torwart.de: Im vergangenen August warst du bereits bei einem Online-Workshop bei torwart.de mit dabei. Dürfen wir dich auch in Zukunft zu einem Workshop einladen?
Pascal Formann: Gerne bin ich wieder bei einem weiteren Workshop von torwart.de dabei. Der vergangene Workshop im August war auch für mich sehr spannend. Ich freue mich immer, wenn die Familie der Torwarttrainer stetig größer wird und ein Austausch egal welchen Levels angestoßen wird. Ich freue mich, wenn ich bestmöglich aus meinem Blickwinkel helfen kann. Ich nehme gerne jede Hilfe von anderen Kollegen an und bin froh, dass die Torwarttrainer zusammen stärker werden. Gerne können wir auch Themenvorschläge und besondere Interessen der potenziellen Teilnehmer aufgreifen und in den Workshop einbringen.
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