Angeblich ist es das letzte Turnier von Altmeister Edwin van der Sar,
der Rücktritt aus der „Elftal“ unmittelbar nach der EM beschlossene Sache. Allerdings
muss man die Frage in den Raum werfen, ob die Niederländer in Zukunft auf einen
solchen Weltklassemann verzichten können. Trotz seiner nun mehr knappen 38 Jahren,
lieferte der schlaksige Schlussmann von Manchester United derzeit Topleistungen
am Fließband ab. So auch im zweiten Gruppenspiel gegen den Vizeweltmeister Frankreich.
Während seine Vordermänner um Wesley Sneijder und Arjen Robben
ein Offensivfeuerwerk abbrannten und durch das 4:1 gegen Frankreich den Gruppensieg
besiegelten, zeigte Van der Sar das gesamte Repertoire seiner Stärken. In der
20. Minute verhinderte er mit einer starken Fußabwehr gegen den freistehend
Malouda den Ausgleich. Nach dem blitzartigen Reflex nutzte er vor der
Pause gleich drei Mal seine knappen 2 Meter Körpergröße und wickelte drei platzierte
Schüsse von dem stark aufgelegten Ribery, Malouda und Govou
um das Gehäuse der „Oranjes“. In der 70 Minute war jedoch selbst van der
Sar machtlos, als Henry eine flache Flanke von Sagnol über
den linken Fuß streichen ließ und somit den Ball butterweich in die rechte Ecke
legte. Aber van der Sar gefiel nicht nur durch seine Paraden. Mit seiner
überragenden Strafraumbeherrschung erstickte er oftmals Torchancen im Ansatz,
da hohe Bälle beinahe magnetisch von seinen riesen Pranken angezogen wurden.
In der Spieleröffnung zählt er schon immer zu den Besten und passte sich auch
diesmal mit schnellen Abwürfen beziehungsweise genauen Abschlägen dem holländischen
Kurzpassspiel an. Wenn er dann gleichzeitig noch solche Reflexe zeigen kann
wie in den beiden ersten Spielen der „Oranjes“, würde sein geplanter Rücktritt
sportlich gesehen keinen Sinn ergeben.
Während sich die Niederländer langsam aber sicher mit der Favoritenrolle abfinden
müssen, scheint das Turnier der Franzosen schneller beendet zu sein, als es
sich Gregory Coupet in seinen schlimmsten Träumen vorgestellt hat. Lange
musste er warten, um endlich ein großes Turnier spielen zu können. Und jetzt
ist bereits nach der Vorrunde der Zug abgefahren, wenn am letzten Spieltag nicht
alles für Frankreich läuft. Aber die Schuld der doch etwas zu hoch geratenen
Niederlage bei dem Lyoner Urgestein zu suchen, wäre der falsche Ansatz. Sicherlich
sieht ein Torwart nie gut aus, wenn ein Kopfballtor, wie es Kuyt nach
10 Minuten zur holländischen Führung gelang, nach einer Ecke im 5-Meterraum
fällt. Aber die Ecke von van der Vaart war sehr hart und flach auf den
kurzen Pfosten gezimmert, so dass man nicht von einem eindeutigen Torwartball
sprechen kann. Zudem war er bei dem 2:0 (59.) durch van Persie, und dem
Traumtor von Sneijder zum abschließenden 4:1 (90+29) vollkommen machtlos.
Da hilft es auch nicht viel darüber zu schwadronieren, ob ein Torwart mit der
Größe van der Sars den Schuss von Robben zum vorentscheidenden
3:1(72.) noch über das Tor geboxt hätte. Letztendlich passt bei dem Schuss alles.
Robben erwischt ihn perfekt, der Ball fliegt gerade so über Thurams
ausgefahrenes Bein, rutscht über Coupets Hände, der den Ball noch berührt
und schlägt letztendlich unter der Latte ein. Alles in allem eher ein Sonntagsschuss
als ein haltbarer Ball. Nun muss Coupet darauf bauen, dass die Niederländer
auch Rumänien überrennen und seine Elf die Wiederauflage des Endspiels 2006
für sich entscheiden kann. Vielleicht gelingt es auch ihm in dieser Partie sein
allgemein anerkanntes Können zu zeigen. Bisher läuft sein Turnier äußerst unglücklich.
In der ersten Partie gegen Rumänien beschäftigungslos, gegen die Niederlande
fassungslos, wie das gesamte Team von Raymond Domenech.
Niederlande:
van der Sar - Boulahrouz, Ooijer, Mathijsen, van Bronckhorst - de Jong, Engelaar - van der Vaart - Kuijt, van Nistelrooy, Sneijder