Hat man einmal als Spieler das Herz von Otto Rehhagel erobert, kann man sich sicher sein, dass er ihm für lange Zeit sein Vertrauen schenkt. Weder Medien noch Funktionäre oder Trainerkollegen sind in der Lage seine Personalentscheidungen zu beeinflussen. So ließ „Rehhakkles“ gegen Schweden gleich sieben Akteure auflaufen, die 2004 das Finale gegen den damaligen Gastgeber Portugal gewinnen konnten, wodurch der Altersdurchschnitt der Griechen an der magischen 30Jahre-Marke kratzte. Unter ihnen war selbstverständlich auch der von der Presse viel gescholtene Antonios Nikopolidis. In einer allenfalls durchschnittlichen Saison für Olympiakos Piräus beschworen viele Experten den 36-jährigen Keeper als möglichen Risikofaktor für das griechische Team. Für Rehhagel war dies nie ein Thema. Schließlich war es König Otto selbst der 2004 Nikopolidis überraschend zur Nummer 1 machte, obwohl er während der Saison als zweiter Torwart von Athen keine Spielpraxis sammeln konnte.
Nikopolidis bestritt trotzdem ein fehlerfreies Turnier, mit nur vier Gegentoren
und erwies sich als großer Rückhalt der Hellenen, was Fans und Medien gleichermaßen
überraschte. Logische Konsequenz ist eine Stammplatzgarantie für den „grauen
Wolf“ während der Endrunde in der Schweiz und Österreich, denn Rehhagel ist
kein Freund von Experimenten. Allerdings müsste der Auftritt seines Schützlings
bei der 0:2 Pleite gegen Schweden für König Otto lästige Diskussionen nach sich
ziehen. Direkt nach der Pause ermöglichte Nikopolidis den Schweden durch einen
schlimmen Patzer die erste Großchance der Partie, welche Wilhelmson jedoch nicht
verwertete. In der Folge agierten die Schweden gegen destruktive Griechen forscher
und konnten verdient in Führung gehen. Ibrahimovics Traumtor (67.) war natürlich
unhaltbar, aber bei dem vorentscheidenden 0:2 durch Hansson (72.) sah der griechische
Schlussmann mehr als unglücklich aus. Das Tor könnte das kurioseste Tor der
EM werden. Nachdem Nikopolidis bei der vorhergehenden Großchance noch bravourös geklärt hatte, sah er beim unmittelbar anschließenden Durcheinander gar nicht gut aus. Als Zuschauer hätte man sich wünschen können, dass Nikopolidis - ohne Rücksicht auf Freund oder Feind - rigoros die Kerze aus dem 5 Meterraum boxt. Stattdessen zögerte er ängstlich und ermöglichte Hansson den Ball durch die Beine von Nikopolidis ins Tor zu stochern.
Die Vorentscheidung in einer Partie, die für Griechenland nie wirklich begonnen hatte. Zwei magere Torchancen erarbeitete
sich der Titelverteidiger in Halbzeit eins, die aber von Andreas Isaksson souverän
entschärft wurden. Ansonsten hatte der Ersatzkeeper von Manchester City einen geruhsamen
Abend im Tor der Schweden, da sich Griechenland vorrangig aufs Verteidigen beschränkte.
Nach dem 0:1 Rückstand versuchte Rehhagel in der 71. Minute, mit der Einwechslung
von Stürmer Amanatidis für Abwehrkante Dellas zur Aufholjagd zu blasen. Aber
ehe auch nur ein Angriff auf das Tor von Isakkson rollte, lag der Ball erneut
im Netz der Griechen, wodurch jegliche Zweifel am Sieg der Schweden beseitigt
waren.