Seit über sechs Jahren spielt Thomas Gebauer für den SV Ried in der „tipp3-Bundesliga“, der höchsten österreichischen Fußballspielklasse. Im exklusiven Interview mit torwart.de erklärt der gebürtige Augsburger, warum er die österreichische Staatsbürgerschaft übernommen hat, wie seine Zeit in Deutschland war und was er diese Saison erreichen will.
torwart.de: Du hast im Oktober des vergangenen Jahres die österreichische Staatsbürgerschaft übernommen, wie kam es dazu?
Thomas Gebauer: Wie bekannt ist bin ich im Juni 2006 nach Österreich gewechselt. Hier habe ich mich von Anfang an sehr wohl gefühlt und Österreich ist einfach zu meiner „neuen“ Heimat geworden. 2008 kam zum ersten Mal das Thema „Einbürgerung“ auf. Grund dafür war das der damalige Teamchef Didi Constantini großes Interesse an mir zeigte. Seitdem hab ich mich immer wieder mit diesem Thema beschäftigt und dadurch, dass ich nun hier meine Familie habe, mein Haus gebaut habe und nun hier "Zuhause" bin haben wir dieses Thema einfach weiterhin verfolgt. Schließlich ist es auch für den Verein besser einen Ausländer weniger in der Mannschaft zu haben, da es in Österreich noch den sogenannten "Österreichertopf" gibt, bei dem die Vereine noch Gelder bekommen, die nach Einsatzzeiten von österreichischen Spielern abgerechnet werden. Leider kam es aber nie zu einer "Einbürgerung im nationalen Interesse", die auch vom ÖFB unterstützt wurde.
torwart.de: Zuletzt wurden die Stimmen lauter, dich für die Nationalmannschaft zu nominieren. Wie siehst du das Thema?
Gebauer: Nach meiner Einbürgerung gab es ein Telefonat mit dem Teamchef Marcel Koller. Seitdem gehöre ich zum erweiterten Kreis der Nationalmannschaft und stand die letzten Partien auf Abruf bereit. Es ist zwar so dass sehr viele über die Torhüter in Österreich diskutieren weil unsere Nr. 1 Robert Almer in Düsseldorf nicht zum Zug kommt. Marcel Koller hat jetzt einen Stamm gefunden, dem er vertraut und da wird nur in wenigen Fällen etwas geändert. Für mich ist einfach wichtig, dass ich im Verein meine Arbeit erledige und alles andere lasse ich auf mich zukommen.
torwart.de:Im September trifft die Deutsche Nationalmannschaft auf Österreich ist es dein Ziel dabei zu sein?
Gebauer: Es wäre natürlich ein ganz besonderes Spiel und ich wäre natürlich auch gern dabei. Aber wie vorhin schon angesprochen liegt mein Hauptaugenmerk auf meinem Verein, aber über konstant gute Leistungen ist es vielleicht möglich, dabei zu sein.
torwart.de: In Österreich genießt du einen exzellenten Ruf, in Deutschland kennen dich nur wenige Menschen. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Gebauer: Ich bin jetzt seit sechs Jahren in Österreich, hab hier über 160 Spiele in der 1. Bundesliga bestritten und wurde 2008/2009 zum besten Torhüter gewählt, da ist es denk ich normal, dass man mich kennt. In Deutschland war ich leider nur 2 Jahre "Profi" und hab auch "nur" in der Regionalliga gespielt. Da ist es normal, dass man da nicht so im Rampenlicht stand.
torwart.de: Man kann dich als „treue Seele“ bezeichnen, schließlich spielst du seit über sechs Jahren für den SV Ried? Woher kommt diese Vereinstreue?
Gebauer: Ich war schon immer ein Spieler, der sich mit den Vereinen, wo ich spielte identifiziert habe. Wenn man sich anschaut, dass ich über 10 Jahre bei meinem Heimatverein "TSV Meitingen" war, dann sechs Jahre beim "TSV Aindling" ist das nicht verwunderlich. Auch hier in Ried fühl ich mich einfach pudelwohl. Der Wohlfühlfaktor ist mir schon immer sehr wichtig gewesen, um gute Leistungen zu bringen. Deshalb hoffe ich natürlich auch noch einige Jahre hier spielen zu dürfen.
torwart.de: Was möchtest du diese Saison noch mit dem SV Ried erreichen?
Gebauer: Momentan befinden wir uns leider in einer kleinen Negativspirale mit drei Niederlagen in Folge. Trotzdem bleibt unser Ziel das Erreichen eines europäischen Startplatzes. In diesem Jahr können sich fünf Mannschaften dafür qualifizieren. Wir stehen momentan auf Platz 6, aber hoffen auf unsere Chance.
torwart.de: Welchen Stellenwert hat der österreichische Fußball in Europa?
Gebauer: Leider wird er glaube ich immer noch ein wenig belächelt. Wir sind leider ein kleines Land, das mit den ganz großen Nationen nicht mithalten kann. Die Entwicklung geht auf jeden Fall in die richtige Richtung. Wenn man sich nur anschaut, wie viele Österreicher die letzten Jahre in die deutsche Bundesliga bzw. ins Ausland gewechselt sind, zeigt es schon, dass wir auf einem guten Weg sind. Und auch die Nationalmannschaft hat sich enorm gesteigert und das wird auch von Jahr zu Jahr immer besser werden!
torwart.de: Du hast in Deutschland für 1860 München und die SpVgg Bayreuth gespielt. Wie war deine Zeit in Deutschland?
Gebauer: Es war eine interessante Zeit. Ich konnte in der Zeit natürlich sehr viel lernen und ich bin dankbar, dass ich diese Chance Profifußballer zu werden bekam. Bei 1860 war ich 3. Torhüter, kam in der Regionalliga bei der 2. Mannschaft zum Einsatz und durfte teilweise bei der 1. Mannschaft dabei sein. In Bayreuth spielten wir als Aufsteiger in der Regionalliga eigentlich eine gute Saison, mussten aber dann wegen der Insolvenz wieder absteigen.
torwart.de: Worin unterscheiden sich die deutschen von den österreichischen Torhütern?
Gebauer: Es ist schwierig, das so pauschal zu beantworten. Natürlich ist die Möglichkeit der Ausbildung in Deutschland um einiges größer, allein schon wegen der finanziellen Möglichkeiten. Dann ist denk ich der Konkurrenzkampf auch in den jungen Jahren in Deutschland schon um einiges höher, da durch den Größenunterschied der Länder natürlich viel mehr Auswahl zur Verfügung steht.
torwart.de: Wie ist das Torwarttraining im Vergleich zu Deutschland?
Gebauer: Ich denke, da gibt es nicht so große Unterschiede. Das kommt natürlich auf den jeweiligen Torwarttrainer an.
torwart.de: Auf welche Bereiche wird besonders Wert gelegt?
Gebauer: Unser Torwarttrainer legt sehr viel Wert auf "das Spiel lesen" und Situationen zu antizipieren. Natürlich kommt die körperliche Komponente auch nicht zu kurz.
torwart.de: Unter welchem Trainer hast du eine Menge lernen können?
Alle meine Trainer waren sehr unterschiedlich. Vom Torwarttraining konnte ich am meisten von Peter Sirch und Jürgen Wittmann bei 1860 und von Vlado Cvetkovic die ersten Jahre hier in Ried mitnehmen.
torwart.de: Hast du das Ziel irgendwann noch mal in der Bundesliga zu spielen?
Gebauer: Sag niemals nie. Aber ich bin jetzt 30 Jahre und bei einem "kleineren" Verein in Österreich. Da bin ich schon Realist, dass es sehr schwer werden wird, dass Angebote kommen. Ich bin hier in Ried auch sehr glücklich und momentan mach ich mir auch über andere Sachen keine Gedanken. Falls mal Angebote kämen, würde ich mir diese natürlich auch anhören.
torwart.de: Wie zufrieden bist du mit deiner bisherigen Karriere?
Gebauer: Sehr zufrieden. Nachdem ich keine "richtige" Torwartausbildung gemacht habe und auch erst sehr spät den Schritt zum Profi schaffte, bin ich schon sehr glücklich, wie die letzten Jahre verliefen. Und mit 30 bin ich ja noch im besten Torwartalter und habe hoffentlich noch einige Jahre vor mir.
torwart.de: Welche Träume hast du für die nächsten Jahre?
Gebauer: Ich hab in meiner Karriere schon so viel erlebt, dass ich gar nicht zu weit vorausschauen will. Ich konzentriere mich auf das Hier und Jetzt und lasse alles auf mich zukommen. Wichtig ist jetzt hier im Verein gute Leistungen zu zeigen, und alles andere kommt dann von allein.
torwart.de: Thomas, wir bedanken uns sehr für das spannende Gespräch und wünschen Dir alles Gute.
Gebauer: Vielen Dank.
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