Afrikas Torhüter haben keine lange Tradition. Zumindest was die Namen betrifft. Ali Boumnijel jedoch ist ein nationaler Held in Tunesien. Über 40 Jahre alt und immer noch aktiv dabei. Er ist der älteste Spieler dieser Weltmeisterschaft. Exklusiv gegenüber torwart.de gab er darüber Auskunft, wann und wie der erste Weltmeister aus Afrika kommen wird.
torwart.de: Afrika und Torwart. Das klingt erstmal ungewöhnlich. Wie bist du eigentlich ins Tor gekommen?
Ali Boumnijel: Ich startete in Tunesien und mein Bruder war Torwart. Wir haben oft gemeinsam Fußball gespielt, manchmal haben wir dann gewechselt und so blieb ich dann irgendwann im Tor.
torwart.de: Wurdest du nur in Tunesien ausgebildet?
Boumnijel: Ich verließ Tunesien, um mit meinem Vater nach Frankreich zu ziehen und dort zu leben. Dann began ich im Osten Frankreichs Fußball zu spielen. Der Verein war eigentlich ziemlich klein. Meine Erinnerungen sind absolut positiv an diese Zeit.
torwart.de: Und wie ging es dann weiter?
Boumnijel: Ich hatte Kontakt mit sehr offenen Menschen. Sie fragten mich, ob ich dann in Nancy nicht anfangen möchte - im November 1991 fing ich dann dort an. Es war mein erster Einsatz in einer Profiliga.
torwart.de: Kommen wir nun zur WM. Was denkst du über deine Gruppe?
Boumnijel: Es ist das vierte Mal, dass wir bei einer Weltmeisterschaft teilnehmen können. Für mich persönlich ist es das dritte Mal, nach 1994 und 1998 in Frankreich. Unser großes Ziel ist natürlich das Achtelfinale zu erreichen, das wäre schon ein riesiger Erfolg.
Tunesien kann eine der großen Überraschungen bei dieser WM werden.
torwart.de: Wann wird eine Mannschaft aus Afrika endlich Weltmeister werden?
Boumnijel: Das ist eine gute Frage, wann? Ich hoffe doch sehr bald. Die Chancen werden immer größer. Bald kommt der Weltmeister aus Afrika.
torwart.de: Das erste Spiel findet gegen Saudi-Arabien statt. Wie bewertest du deine Gruppe im Allgemeinen?
Boumnijel: Wir möchten einen guten Eindruck im ersten Match gegen Saudi-Arabien hinterlassen. Das erste Spiel wird sehr, sehr wichtig sein, um Selbstvertrauen zu bekommen.
torwart.de: Was sind die Stärken eures Teams bzw. habt wer sind eure Schlüsselspieler?
Boumnijel: Viele unserer Spieler spielen in Europa. Einer unserer Schlüsselspieler spielt in Amsterdam, er wird sehr wichtig sein für unser Team. Andere in Birmingham. Zwei Spieler spielen in Nürnberg, sie kennen also den deutschen Fußball und die Stadien hier. Wir haben einige Spieler, die auf sehr hohem Niveau spielen können. Desweiteren haben wir Teamplayer und seine sehr gute Stimmung in unserer Mannschaft.
torwart.de: Warum gehen so viele afrikanischen Spieler nach Europa?
Boumnijel: Früher gab es wenige Spieler aus Tunesien in Europa. Aber nach dem Sieg des Afrika-Cups 2004, kamen viele Späher nach Tunesien und interessierten sich für viele unserer Spieler.
torwart.de: Manche sagen, der Afrika-Cup hätte eine größere als die WM. Was bedeutet der Afrika-Cup für euch Spieler?
Boumnijel: Für einen afrikanischen Spieler ist der Cup sehr wichtig. Tunesien gewann ihn nie, so wir waren sehr stolz, dass wir ihn gewonnen haben. Auch wenn es immer Probleme mit den Abstellungen in Europa gibt, da die Vereine die Spieler ungern freigeben.
Dieser Cup ist ein Symbol der Qualität des Fußball, der Arbeit in Afrika. Normalerweise gewinnen Kamerun, Senegal oder Nigeria diesen Cup - so war das eine sehr große Überraschung, dass ausgerechnet wir gewannen.
torwart.de: Wer wird der beste Torhüter der WM werden?
Boumnijel: Es gibt eine solche Vielzahl an guten Torhüter und da ist ein so starker Wettbewerb zwischen uns. So es war sehr schwierig für einen Trainer, sich für einen Keeper zu entscheiden. Buffon und Peruzzi. Coupet und Barthez. Das zeigt, dass es so viele gute Torhüter gibt und es sehr schwierig ist, sich auf einen festzulegen. Dida von Brasilien ist ein großartiger Torwart, den wir in Tunesien sehr schätzen. So wir können nicht sagen, wer der große Keeper der WM werden wird. Man wird es im Laufe des Turniers sehen, wer sich letztlich herauskristallisieren wird.
torwart.de: Lehmann und Kahn – das Torwartduell in Deutschland?
Boumnijel: Für mich sind es die zwei besten europäischen Mannschaften und Torhüter Europas. So war es extrem schwierig sich zu entscheiden. Aber Kahn hatte Probleme und Lehmann war sehr beständig, deswegen die richtige Entscheidung.
torwart.de: Hattest du ein Vorbild?
Boumnijel: Kurkovic und Sepp Maier. Die beiden waren perfekt in der Einfachheit ihrer Spiele - sie waren sehr professionell und ehrlich. Sie hatten nichts verkompliziert, sie konzentrierten sich auf ein einfaches Spiel.
torwart.de: Was sind die Unterschiede zwischen den Torhütern in Afrika und Deutschland?
Boumnijel: Ich wurde trainiert in Europa, und der große Unterschied zwischen Afrika und Deutschland ist, dass man in Europa sehr, sehr früh trainiert wird und von Anfang an als Torhüter auserwählt wird. In Europa haben die Torhüter eine sehr gute Basis, aber in Afrika machen sie Fehler, die für sie natürlich sind. Sie haben aufgrund dessen mehr Probleme mit ihren Reflexen. Aber die afrikanischen Torhüter spielen spektakulärer.
torwart.de: Was willst Du nach der WM machen?
Boumnijel: Ich bin nun 40. Im Moment spiele ich für einen der besten tunesischen Clubs. Doch wir verhandeln momentan über eine Vertragsverlängerung, ich hoffe sehr, dass ich noch eine Weile spielen kann.
torwart.de: Und im Anschluss deiner Karriere?
Boumnijel: Ich möchte natürlich im Fußball bleiben. Zurzeit mache ich meine Trainerausbildung in Tunesien. Der Club, wo ich momentan spiele, möchte mich als Trainer haben.
torwart.de: Was sind die Erwartungen in Tunesien?
Boumnijel: Wir haben überall Fernseher aufgestellt. 10 Mio. Einwohner und alle 10 Mio. werden uns verfolgen.
torwart.de: Hast Du jemals hier in Deutschland gespielt?
Boumnijel: Ich habe nicht weit entfernt von Deutschland gelebt und ich spreche ein wenig Deutsch. Zudem habe ich ja beim Konförderations-Cup gespielt.
torwart.de: Was erwartest du von Deutschland und der Organisation?
Boumnijel: Wir alle erwarten von Deutschland eine super Organisation - ich hatte eine Vorschau beim CONFED CUP, die Stadien waren voll und super. Leider sind die Tickets sehr teuer, weil so viele Fans in Deutschland Tickets möchten. Aber viele Leute drehen durch, wenn sie keine Tickets bekommen.
torwart.de: Stichwort "Potsdam" – habt ihr Angst wenn ihr hier her kommt?
Boumnijel: Dieses Phänomen hat man überall, egal ob in Italien oder Frankreich. Deutschland ist nicht schlimmer als andere Länder. Die menschliche Krankheit existiert überall. In Italien oder in Spanien machen sie sogar Affen-Geräusche. Ich hoffe, dass nichts passieren wird hier in Deutschland.
torwart.de: Wie würdest du den Tunesischen Fußball charakterisieren?
Boumnijel: Es ist ein sehr technisch versierter Fußball, wir lehnen uns sehr an Brasilien an. Früher hatten wir sehr für die Show gespielt, doch jetzt haben wir haben einen europäischen Trainer Roger Lemerre und er fordert viel Disziplin, da wir früher ziemlich undiszipliniert waren.
torwart.de: Was ist die besondere Stärke von euch?
Boumnijel: Wir sind nun für drei Jahre schon zusammen. Unser Trainer hat unsere Mannschaft geschult.Zudem wurde viel gearbeitet und wir hoffen auf ein gutes Ergebnis bei der WM, da wir einen super Teamgeist haben.
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