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Jan Jongbloed: Die Niederlande trauert um ihre Nummer 8

Der doppelte niederländische WM-Torwart ist verstorben

Autor: T. Rübe - 18.09.2023

Die Nummer 1 ist heutzutage die typische Nummer des Torwarts. Sie hat beinahe etwas Mystisches. Legenden wie Jashin und Maier liefen nahezu immer mit der Nummer 1 auf. Später war es dann wiederum regelrechter Standard, dass der Torhüter, sofern der auch Stammtorhüter war, vor allem im Dress der jeweiligen Nationalmannschaft stets mit der Nummer 1 auflief. Doch es gab auch die berühmte Ausnahme - Jan Jongbloed, denn dieser lief in der Elftal immer mit der Nummer 8 auf.

In den Niederlanden ist er unter den Torhütern neben Adri van Malen, Piet Schrijvers und Edwin van der Sar eine der absoluten Legenden. Nun ist einer der größten niederländischen Torhüter im Alter von 82 Jahren verstorben. Jongbloed war etwas Besonderes, und das weit über seine ungewöhnliche Rückennummer hinaus. Diese wiederum resultierte aus dem Umstand heraus, dass die Rückennummern in der Elftal in alphabetischer Reihenfolge vergeben wurden. Doch abseits der Rückennummer war Jongbloed auch eine etwas untypische Erscheinung. Während schon zu seiner Zeit und auch schon zuvor viele Torhüter großgewachsen waren, maß Jongbloed lediglich 1,79 m. Zum Vergleich: Piet Schrijvers war 1,86 m groß, Sepp Maier 1,89 m groß und Lew Jashin war gute 10 cm größer als Jongbloed.

Aufgrund der körperlich bedingten Nachteile in Sachen Reichweite verkörperte der in Amsterdam geborene Torhüter moderne fußballerische Eigenschaften eines Torhüters, die damals ihrer Zeit voraus waren und nur von wenigen auf der Welt so beherrscht wurden wie von ihm. Gleichsam passte Jongbloed damit perfekt in die Mannschaft um den legendären Johan Cruyff und den damals revolutionären Spielstils des Voetbal Total. Jongbloed kommentierte die Auftritte 1974 in Deutschland folgendermaßen: „Wir kamen 1974 aus dem Nichts und eroberten die Welt mit unserem Spiel.“ Er selbst kam als Überraschung 1974 in den Kader der Oranje, denn zu diesem Zeitpunkt lag sein letztes Länderspiel bereits 12 Jahre zurück. In den 70ern waren die Niederlande stets Top-Favorit bei den großen Turnieren, doch reichte es in dieser Zeit lediglich zu zwei Vizeweltmeisterschaften. Der große Wurf blieb indes damals verwehrt und erfolgte dann 1988 mit dem Gewinn der Europameisterschaft.

Dennoch war Jongbloed vor allem mit den beiden Vizeweltmeisterschaften in Verbindung, denn bei beiden Turnieren war er die niederländische Nummer 1, wenngleich er 1978 diesen Status in der Finalrunde an Konkurrent Schrijvers verlor, aufgrund dessen Verletzung aber im Alter von 37 Jahren sein zweites WM-Finale spielte. Nur wenige Torhüter erreichten selbiges. Zu seinen beiden Vizeweltmeistertiteln sagte er einst: „Wenn es wichtig wurde, bin ich immer Zweiter geworden.“ Gleichsam absolvierte der Keeper, der immer im gelben Dress und ohne Handschuhe auflief lediglich 24 Länderspiele. Für ihn war es unabdingbar, ohne Handschuhe zu spielen, wie er es erklärte: „Anders kannst du den Ball nicht spüren.“

Deutlich legendärer als die reine Anzahl der Länderspieler ist die Zahl der absolvierten Spielen in der niederländischen Eliteliga. So bestritt er insgesamt 687 Spiele in der Eredivisie, insgesamt 717 Profispiele, was bis heute der absolute Rekord ist. Es war aber eher der Spielstil, der noch mehr in Erinnerung bleibt als die Quantität seiner Spiele. Für den Trainer Johan Cruyff galt Jongbloed als Blaupause des Torhüters, den er für sein Spiel benötigte einen Torhüter, der phasenweise als Libero agierte. Der Tagesspiegel bezeichnete den Niederländer nun im Zuge seines Todes als fußballerischen Großvater Manuel Neuers. Bei genauer Betrachtung wird dies dem Torhüter als großes Kompliment sehr wohl gerecht, denn jener Voetbal Total war auch die Vorlage des Stils, den van der Sar auf ein neues Level hob und Neuer dann endgültig perfektionierte. Cruyff sagte später über Jongbloed, der selbst davon überzeugt war, es auch als Linksaußen zum Profi zu schaffen: „Als Torhüter spielte er nicht nur gerne mit Fußball, er konnte es auch sehr gut und verhinderte oft Gegentore, weil er in der Lage war, wie ein Angreifer zu denken.“ Das lag auch daran, dass er erst mit 16 Jahren überhaupt ins Tor ging. Vorher spielte er im Feld. Dies merkte man auch imm seinem Spiel an, denn er vermied es möglichst nach dem Ball zu hechten und versuchte es immer, den Ball auf den Beinen zu erreichen. Sein Spitzname „Flying Dutchman“ war daher eigentlich ein Witz gegenüber des etwas anderen Torhüters.

Auf nationaler Ebene erlangte der Torwart lediglich einen Titel, als er mit dem Amsterdamsche FC DWS als Aufsteiger Meister wurde. Jener Verein war der Vorgänger von Ajax Amsterdam, jenem späteren Klub des Keepers, der später noch für Roda Kerkrade spielte und seine Karriere mit 45 Jahren beendete, wobei er sein letztes Spiel am 08.09. 1985 absolvierte und im während des Spiels einen Herzinfarkter erlitt und damit seine Karriere bei den Go Ahead Eagles beendete. Ursprünglich wollte der Keeper seine Karriere mit 42 Jahren beenden, doch wurde er vom damaligen Co-Trainer der Eagles zu einem eigentlich kurzen Gastspiel überredet, was dann doch noch bis 1985 andauerte. Neben seiner Laufbahn als Torhüter betrieb er aber zeitgleich einen Zigarrenladen in Amsterdam und war somit Zeit seiner Karriere Halbprofi.

Einen weiteren Schicksalsschlag erlebte er im Jahr 1984, als er seinen Sohn Eric im Jahr 1984 verlor. Eric Jongbloed war selbst Torhüter geworden und erlitt auf dem Platz während eines Gewitters im Spiel einen Blitzschlag und verstarb aufgrund dessen. Es war eine der Tragödien des Jan Jongbloed, der immer unangepasst war und genau dadurch der besondere Torhüter war, der nun nach langer Krankheit gegangen ist


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