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Gianluigi Buffon: Ausnahme-Torhüter zwischen Licht und Schatten

Eine Hommage zum Karriereende der Torwart-Ikone Gianluigi Buffon

Autor: T. Rübe - 18.09.2023

Wenn man an die ganz großen Torhüter des aktuellen Jahrtausends denkt, werden immer wieder die folgenden Namen fallen: Oliver Kahn, Iker Casillas, Manuel Neuer, vielleicht auch Hugo Lloris und natürlich auch Gianluigi Buffon. Den jüngeren Fans werden allen voran natürlich Manuel Neuer allgegenwärtig sein. Verdenken kann man es nicht. Bis auf den fehlenden Europameistertitel hat Neuer nicht nur alles auf nationaler und internationaler Ebene alles gewonnen, sondern hat dieser auch  einen neuen Torwart-Stil etabliert, viele sagen sogar, dass er das Torwart-Spiel revolutioniert hat.

Doch auch Iker Casillas ist ein ganz großer und hat eine vollständige Titelsammlung. Hugo Lloris wiederum stand zweimal hintereinander im WM- Finale. Das erste davon konnte er sogar mit der französischen Nationalmannschaft gewinnen. Ein Oliver Kahn hingegen war der Torhüter mit dem größten Image, dem der Bestie- ein Mann, der alles dem Erfolg unterordnete und auch vor der eigenen Gesundheit und der des Gegners keinen Halt machte. Auf der Linie war er darüber hinaus schier unbezwingbar.

Als Gegenentwurf dazu wirkt diesbezüglich Gianluigi Buffon. Der am 28.01.1978 geboren Torhüter galt im Vergleich zum auf dem Platz impulsiven und regelrecht dramatisch extrovertierten Oliver Kahn als eher ruhiger Vertreter. Besonders bemerkenswert aber ist in erster Linie die schiere Länge seiner Karriere und auch, wie lange er hierbei auf absoluten Spitzenniveau agierte. Seine Karriere umfasste im Profibereich 28 Jahre, die er insgesamt bei lediglich 3 Vereinen verbrachte. Die kürzeste dieser Stationen hatte der aus Carrara stammende Torwart bei Paris Saint-Germain, als er in der Saison 2018/2019 sich die Spielzeit mit dem Eigengewächs Alphonse Areola teilte. 

Begonnen hatte der 1.91 m große Torwart bei Parma Calcio, das damals noch den Namen AC Parma trug. Dort wurde er in der Saison 1996/1997 von einem damals noch jungen Trainer namens Carlo Ancelotti zur neuen Nummer 1 auserkoren und trat damit auch die Nachfolge eines gewissen Claudio Taffarels an, der zwei Jahre zuvor in den USA mit der Selecao als Stammtorhüter die Weltmeisterschaft wurde und dabei im Finale gegen Italien zum Held im Elfmeterschießen wurde. Konkret aber setzte er sich in Parma zu diesem Zeitpunkt gegen Luca Bucci durch. Somit war Buffon damals gerade einmal 18 Jahre alt, als er in einer Mannschaft, die regelmäßig international spielte, mit (jungen) Stars gespickt war und ein Jahr zuvor den UEFA Cup gewann, zum Stammtorhüter aufstieg. Es war der Beginn einer Weltkarriere, die wohl letztlich einzigartig war. Den ersten Einsatz in der Serie A hatte er noch unter Trainer-Legende Nevio Scala im Jahr 1995 mit gerade einmal 17 Jahren.

Beim AC Parma spielte er mit Akteuren zusammen, die entweder damals schon oder später noch zu den besten der Welt gehören sollten. Allein die Mannschaft der Saison 1998/1999 beherbergte Spieler in der Defensive wie Lillian Thuram und Fabio Cannavaro, die absolute Weltklasse noch verkörpern sollten über einen in seiner Karriere eklatant unterbewerteten Dino Baggio oder auch den spektakulären Juan-Sebastian Veron oder auch Diego Fuser auch Allain Boghossian, immerhin damals frisch gebackener Weltmeister  bis hin zum Hernan Grespo, der damals als einer der besten Stürmer der Welt galt. Neben ihm spielte ein gewisser Enrico Chiesa, Vater des jetzt für Furore sorgenden Frederico Chiesa. Zu beachten ist aber, dass der zu diesem Zeitpunkt 20 Jahre alte Buffon in dieser Mannschaft absolut nicht abfiel, sondern genau der Rückhalt war, den die Mannschaft brauchte. Er spielte damals schon so ruhig und stark, dass er eine Autorität für die oben genannten Ausnahme-Verteidiger war. Zwar agierte der Klub aus der Emilia Romagna im Kerngeschäft, der Serie A mitunter etwas schlampig und unkonzentriert, auf europäischer Bühne aber war das Team vor allem in den KO-Spielen kaum zu bezwingen. Es war eine Mannschaft, die das Potenzial hatte, in einem Spiel jede Mannschaft der Welt besiegen zu können. Für den Scudetto hatte es daher nie gereicht. Immerhin muss dazu auch gesagt werden, dass die Serie A damals wohl noch mit Abstand die beste Liga der Welt war.

In der Saison 1998/1999 stand Parma sowohl im UEFA Pokal als auch im italienischen Pokal im Endspiel und konnte beide Titel auch gewinnen. Für den AC Parma war es wohl die beste Saison der Vereinsgeschichte. Anschließend zerbrach die Mannschaft Jahr für Jahr etwas mehr. Buffon wechselte so 2001 zu Juventus Turin. Die Alte Dame ließ sich den Torwart damals stolze 54,1 Millionen Euro kosten. Bis 2018 war er damit der teuerste Torwart der Geschichte, ehe er von Kepa abgelöst wurde. Bei den Bianconeri löste er den dort glücklosen Edwin van der Sar ab und prägte fortan viel mehr als eine Ära. In einer Mannschaft, die noch einmal deutlich stärker als 3 Jahre zuvor der AC Parma besetzt war, spielte Buffon noch einmal auf einem anderen Niveau und war somit der unangefochtene Rückhalt. Schon seine Premierensaison in Turin verlief mit der italienischen Meisterschaft erfolgreich. Dieser Titel konnte im folgenden Jahr wiederholt werden, verbunden mit dem Erreichen des Finales der Champions League, welches allerdings mit 2:3 gegen den AC Milan verloren wurde. Daraus entwickelte sich aber letztlich auch das große Trauma seiner Karriere, denn die Champions League konnte der Torwart in seinen 28 Spielzeiten nie gewinnen. Es bleibt auf rein sportlicher Ebene der größte Makel seiner Karriere.

Doch auch in der Folge kamen immer wieder Skandale auf. So wurde 2006 vor der Weltmeisterschaft in Deutschland ein Manipulationsskandal publik, der im Zwangsabstieg der Bianconeri führte. Im Zuge dessen wurde auch die Meisterschaft Turins aus der Saison 2004/2005 aberkannt. Damit ging auch die Squadra Azzurra skandalbehaftet ins Turnier und hatte großes Glück, als man im Achtelfinale in Unterzahl aufgrund eines umstrittenen Elfmeters in der Nachspielzeit durch Totti gewann. Doch auch Buffon geriet persönlich ins Fadenkreuz, als er unter Verdacht stand, illegal auf Spiele der Serie A gewettet zu haben. Die Staatsanwaltschaft aber erklärte Buffon später für unschuldig. So aber gab es den ersten Schatten auf Gianluigi Buffon, der im Laufe seiner Karriere noch häufiger in die Schlagzeilen geriet.

Wie wichtig Buffon für die italienische Nationalmannschaft war, zeigte sich im Halbfinale gegen Deutschland. Zwar konnte man sich letztlich mit 0:2 in der Verlängerung gegen den Gastgeber durchsetzen, doch hatte Podolski in der regulären Spielzeit die große Chance auf den Siegtreffer, als er aus 10 Metern halblinker Position einen Strahl absetze und Buffon den Ball mit einer großen Reaktion parieren konnte. Es war die Parade des gesamten Turniers, obwohl er im Finale gegen Frankreich ähnlich herausragend einen Kopfball von Zidane in der Verlängerung parierte. Am Ende wurde Italien im Elfmeterschießen Weltmeister, wenngleich Trezeguet den Ball an die Latte setzte, während Buffon keinen Elfmeter parieren konnte. Buffon wurde gleichzeitig bei diesem Turnier noch mit der Trophäe als bester Torhüter der Weltmeisterschaft ausgezeichnet.

Dass Buffon aber auch ein sehr vereinstreuer Spieler ist, zeigte er nach der WM, als er das zwangsabgestiegene Juventus nicht verließ, sondern mit in die Serie B ging, während viele Stars die Turiner nach dem Gang in die Zweitklassigkeit verließen. Mit einer stark veränderten Mannschaft aber eben mit Buffon im Tor konnte Turin den Wiederaufstieg schaffen und sich in den folgenden beiden Spielzeiten mit Rang 2 und 3 in der Spitzengruppe der Serie A, wenngleich es für den Titel jeweils nicht reichte. Diese stellten sich erst wieder ein, als ein gewisser Antonio Conte das Traineramt übernahm. Conte war bis 2004 noch Mitspieler von Buffon und profitierte nun von der großen Aura des Keepers und konnte ein Stück weit eine Mannschaft auf Basis einer starken Defensive mit Buffon im Tor aufbauen. Es folgten 3 Meisterschaften in Folge, wenngleich es auf internationaler Ebene bei weitem nicht so erfolgreich lief. Erst mit dem neuen Trainer zeigte Juventus in der Saison 2014/2015 tolle Auftritte in der Champíons League und erreichte das Finale in Berlin, nachdem man zuvor bereits in dieser Spielzeit das Double aus Pokal und Meisterschaft gewann. So spielte Buffon im fortgeschrittenen Alter von 37 Jahren sein zweites Finale der Champions League, verlor aber auch das mit 1:3 gegen den FC Barcelona. 

Getrieben vom Ziel des Sieges in der Champions League verlängerte Buffon seinen Vertrag noch einmal bis 2018 und schaffte in der Saison 2016/2017 noch einmal den Einzug ins Finale, musste sich aber nunmehr gegen Real Madrid geschlagen geben. Dennoch war es für den mittlerweile 39-jährigen Torwart ein persönlich erfolgreiches Jahr, denn er wurde 2017 zum fünften Mal zum Welttorhüter des Jahres gekürt. Er ist damit der älteste Torhüter, dem diese Auszeichnung bisher zu teil wurde. Im Mai 2018 verkündete Buffon, Turin nach 17 Jahren zu verlassen und kam zu diesem Zeitpunkt auf 509 Ligaeinsätze für Turin, hatte aber natürlich bereits die magische Grenze von 600 Serie A-Spielen überschritten. Ebenso war er bis 2018 Stammtorhüter der italienischen Nationalmannschaft, gab er nur vorübergehend seinen direkten Rücktritt bekannt, wollte sich mit weiteren starken Leistungen später erneut eine Nominierung erkämpfen.

Nach einer Saison in Paris mit 17 Ligaeinsätzen und 5 Champions League-Partien kehrte der Keeper wieder nach Turin zurück und agierte fortan als Vertreter von Wojciech Szczesney, konnte sich aber in der Zeit von 2019 bis 2021 als der Spieler mit den meisten Einsätzen in der Serie A in die Geschichtsbücher eintragen. Damit überflügelte er den großen Paolo Maldini. Es sollte aber nicht sein einziger Rekord sein. Im Gegenteil: die Marke von Bestleistungen von Gianluigi Buffon ist in dieser Form absolut einzigartig. Er ist mit 176 Länderspielen bis 2020 der Europäer mit den meisten Länderspielen gewesen, ist aber weiterhin Italiens Rekordnationalspieler mit 40 Einsätzen mehr als der zweitplatzierte Fabio Cannavaro. Überdies ist er mit 80 Spielen Rekordspielführer Italiens.

Des Weiteren ist er Rekordsieger des Scudetto mit 10 Meisterschaften und hält bis heute die längste Serie ohne Gegentor in der italienischen Liga mit 974 Minuten. Auch den italienischen Supercup mit 7 Titel gewann er so häufig wie kein anderer. Die wohl größte Ehre erreichte der Torwart, der an 5 Weltmeisterschaften teilnahm mit der Einführung in die FIFA 100, die Liste der größten Spieler aller Zeiten. Den Traum von 6 Weltmeisterschaften konnte sich Buffon nicht erfüllen.

Diesen Wunsch äußerte er, als 2021 an seine erste Profistation nach Parma zurückkehrte und dort mit Parma Calcio in die Serie A aufsteigen wollte und sich mit 44 Jahren noch einmal für eine Weltmeisterschaft empfehlen wollte. Aber auch Ohnehin fand die WM ohne den amtierenden Europameister Italien statt. Auch den Aufstieg mit Parma verpasste Buffon letztlich, als er im Mai im Finale der Aufstiegsrunde zur Halbzeit verletzt rausmusste und Parma letztlich mit 2:3 verlor. Es war sein letztes Pflichtspiel, denn nunmehr verkündete er mit 45 Jahren und 930 Spielen auf Klubebene und insgesamt über 1100 Pflichtspielen seine illustre Karriere, die aber auch viel Schatten kannte. So gab er noch während seiner aktiven Karriere bekannt, zeitweise an Depressionen gelitten zu haben und sehr damit zu kämpfen hatte. Ebenso litt er auch unter Spielsucht und zeigte sich im Umgang mit Medien nicht immer sicher.

So wurde er mehrfach mit rechtsextremen Symboliken in Verbindung gebracht und das schon während seiner ersten Zeit in Parma. Später wollte er mit der Rückennummer „88“ auflaufen und zeigte sich sehr überrascht, als es diesbezüglich aufgrund der rechtsextremen Bedeutung zu einem öffentlichen Aufschrei kam: „Die „88“ habe ich genommen, weil sie 4 Eier hat und beim Fußball braucht man Eier. Wer ahnt denn, dass diese Zahl für den Hitlergruß steht?! Das wissen doch wirklich nur Nazis!“ zumindest abenteuerlich wirkte dabei die erklären.

So bleibt festzuhalten, dass Buffon außerhalb des Platzes sehr wohl ein streitbarer Charakter war und auch ist, doch auf dem Platz, war er nicht nur einer der größten Torhüter seiner Zeit, sondern einer der größten Torhüter aller Zeiten, denn kein anderer konnte sich so lange auf dem höchsten Niveau halten und auch scheinen einige seiner Rekorde für die Ewigkeit gemacht zu sein. Auch bemerkenswert ist der Umstand, dass er seinen ersten Titel, den italienischen Pokal 1999 mit Enrico Chiesa gewann und seinen letzten Titel, ebenfalls den Pokal 2021 mit dessen Sohn, Frederico Chiesa gewann. Das wiederum zeigt aber, wie lange er immer noch in der Spitze mithalten konnte.

Vielleicht hat Gianluigi Buffon das Spiel nicht so geprägt wie ein Manuel Neuer, aber er hat es geschafft, in deutlich über 28 Spielzeiten Leistungen zu zeigen und Titel zu sammeln, die in ihrer Gesamtheit wohl kaum mehr zu toppen sein werden. In Erinnerungen werden dabei natürlich auch seine beachtliche Sprungkraft und Explosivität und vor allem diese teilweise unglaublichen Reflexe, die ihn regelrecht unbezwingbar erscheinen ließen und ihn auch dadurch zu Recht als den Torwart ausweisen, der er in seiner aktiven Zeit- schiere Weltklasse.


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