Flankentraining mit den VfL Wolfsburg-Torhütern und Torwarttrainer Pascal Formann
von M. Schäfer
Die Raumverteidigung ist zweifellos ein Schlüsselelement im Repertoire eines jeden Torhüters. In einem Spiel, in dem Flanken aus verschiedenen Positionen in den Strafraum geschlagen werden, Eckbälle, Freistoßflanken und lange Einwürfe an der Tagesordnung sind, werden Torhüter auf eine harte Probe gestellt.
Der 1. FC Köln schlug in der vergangenen Saison 466 Flanken vor das gegnerische Tor und nahm damit die Spitzenposition in der 1. Bundesliga ein. Im Durchschnitt werden 10-13 hoheBälle pro Spiel vor das gegnerische Tor geschlagen. Nicht jede Flanke kann der Torhüter erreichen. Wenn die Bälle in die Räume vor dem Tor gespielt werden, die außerhalb der Reichweite des Torhüters liegen, fokussiert sich der Torhüter sofort wieder auf die Torverteidigung. Dennoch müssen die Torhüter bei jedem Ball entscheiden, ob sie die Flanken „attackieren“ können.
Exklusives Video vom VfL Wolfsburg gibt spannendene Einblicke
In dem Video zeigt Pascal Formann, der Torwarttrainer der Profis des VfL Wolfsburg, Übungen, wie man die Raumverteidigung von Flankenbällen im Rahmen eines Torwarttrainings trainieren kann. Für die Torhüter Koen Casteels, Pavao Pervan, Juri Kirchmayr und Niklas Klinger ging es zum Flankentraining mit den torwart.de-Dummys und dem torwart.de-Blockpad, um den Stürmer im Strafraum zu simulieren, der den Torwart bedrängt oder den Ball gefährlich in Richtung Tor bringt.
Spielnahe Spielsituation im Trainingsaufbau mit Dummys
Begonnen wurde mit Flankenbällen von beiden Seiten, die in einen Bereich auf Höhe der Linie des Fünfmeterraumes geschlagen wurden. Dieser Bereich wurde hierbei mit zwei Dummys begrenzt. Gleichzeitig befanden sich alle drei Torhüter im Fünfmeterraum, um die eigene Bewegungsfreiheit einzuschränken, und damit möglichst spielnahe Situationen mit etwaigen weiteren Gegenspielern zu simulieren.
Darauf aufbauend erfolgte später eine gesteigerte Variante mit 4 Dummys, die nun nicht mehr auf gleicher Höhe positioniert waren. Dadurch wurde die unübersichtliche Situation weiter bestärkt, wodurch die Torhüter ein noch besseres Timing beim Herauslaufen und Abfangen des Balles benötigten. Zusätzlich wird dadurch die körperliche Präsenz des Torhüters im Rahmen der Raumverteidigung gestärkt.
Variation der Trainingsübungen mit Toren, Dummy, Anzahl der Spieler
Anschließend erfolgte eine Variante, bei der sich jeweils Teams bestehend aus zwei Torhütern gegenüberstanden und dabei zunächst ein Flankenball abgefangen werden musste, wobei anschließend eine unverzügliche Weiterleitung auf den anderen Torhüter erfolgte, der den Abschluss auf das gegnerische Tor suchte. Zu diesem Zweck stehen hierbei zwei Tore 16 Meter auseinander. In der Mitte dieses Raumes wurden zum Zweck der Begrenzung sowie um weiteren Betrieb im Strafraum zu simulieren, drei Dummys aufgestellt. Daraus ergab sich eine Kombination aus der Raumverteidigung, einer schnellen und kurzen Spieleröffnung gepaart mit einer Aktion zur Torverteidigung.
Koen Casteels ist in der Bundesliga in der Raumverteidigung einer der besten Torhüter
Mit diesen Übungsvarianten hat es Pascal Formann geschafft, die langjährige Wolfsburger Nummer 1, Koen Casteels, nicht nur zu einem der Top-Torhüter der Bundesliga zu formen, sondern vor allem im Bereich der Raumverteidigung wohl den besten Torwart in der Bundesliga herauszubringen. Zu Casteels sagte der Wolfsburger Torwarttrainer: "Man merkt bei Koen schon, dass er hier eine enorme Klasse hat und zu den besten der Liga gehört. Er verfügt über eine herausragende Entscheidungsfähigkeit und kann sofort die Flugbahn exakt einschätzen und trifft dementsprechend die richtigen Entscheidungen. Natürlich spielt aber auch seine enorme Größe eine gewichtige Rolle. Dennoch verfügt Koen trotz seiner Größe über sehr gute Techniken und ist überdies sehr geschmeidig. Die Trainingsarbeit mit den entsprechenden Wiederholungszahlen ist aber auch entscheidend, denn Routine ist alles."
„Kognitive Fähigkeiten sind bei der Raumverteidigung sehr wichtig.“
Darüber hinaus sagte Formann, dass Casteels auch über sehr stark ausgeprägtkognitive Fähigkeiten verfügt. Dabei sei die Wahrnehmung entscheidend, wobei der Torhüter auch über eine sehr schnelle Entscheidungsfindung verfügt, ob er den Ball angreift oder auf der Linie bleibt und sich auf die Torverteidigung konzentriert. Demzufolge nimmt aber auch die Raumverteidigung in der Trainingsarbeit einen großen Raum ein, denn sowohl die Wahrnehmung als auch die damit verbundene Entscheidungsfindung muss immer wieder trainiert und geschult werden. Was allerdings ebenfalls eine sehr große Rolle spielt, sind die jeweiligen persönlichen körperlichen Voraussetzung des Torhüters. Neben der Körpergröße benötigt der Torwart auch eine sehr starke und sehr gut getimteSprungkraft. Genau diese Faktoren vereint Koen Casteels nach Einschätzung seines Torwarttrainers.
„Entschlossenheit, Mut und Überzeugung sind elementare Elemente“
Bezüglich der mentalen Bereitschaft und der jeweiligen Techniken fasst es der Torwarttrainer wie folgt zusammen: " Wichtig ist die richtige Entschlossenheit, der Mut und die Überzeugung. Wenn der Ball in die gefährlichen Räume kommt, muss der Torhüter da sein und den Ball klären. Einen Schönheitspreis gibt es nicht zu gewinnen. Auch das Timing beim Weg zum Ball sowie das Timing der Hände, wie sie zum Ball gehen ist wichtig. Ebenso müssen auch die richtigen Schrittmuster sowie die richtigen Fang- und Fausttechniken angewandt werden. Darüber hinaus spielt auch die Kommunikation mit den Abwehrspielern eine essenzielle Rolle - je klarer mit kurzen und deutlichen Befehlen gearbeitet wird, je besser ist es für alle.
Der Übungsaufbau variiert und sollte möglichst spielnah sein
Um all diese Fähigkeiten auch bei einem Torhüter auszubilden, ist die richtige Arbeit im Training elementar. Einen gleichen Aufbau der Übungen hat der Torwarttrainer indes nicht. Vielmehr werden die Positionen, aus denen die Flanken geschlagen werden, variiert, um die entsprechenden Situationen im Spiel zu simulieren. Grundsätzlich aber nutzt Formann jedoch Flanken aus dem Halbfeld sowie seitlich des Strafraums. Die Flanken werden immer wieder abwechselnd mit rechts oder links geschlagen, werden entweder zum Tor hin oder vom Tor weggezogen. Außerdem wird immer wieder variiert, ob die Flanken mit Vollspann oder mit Effet getreten werden. Wichtig ist vor allem die spielnähe im Training. Da man aber im Torwarttraining auch nur mit einer begrenztenSpieleranzahl agieren kann, sind Geräte und Hilfsmittel wie Dummys oder auch das Blockpad gute Kompromisslösungen, um möglichst spiel nah und effektiv zu arbeiten.
Standsituation werden im Mannschaftsverbund trainiert
Wenn Standardsituationen trainiert werden, erfolgt dies meist wiederum im Verbund mit den anderen Mannschaftsteilen. Im Torwartteam werden hingegen alle Mitglieder der Gruppe eingebunden, um weitere, vor allem komplexeSpielsituationen zu simulieren. In diesem Zusammenhang werden die anderen Torhüter für Zuspiele oder als Gegenspieler genutzt.
„Das Training der Raumverteidigung integrieren wir täglich in unser Torwarttraining“
Das Training der Raumverteidigung wird möglichst in den Wochenablauf des täglichen Trainings integriert. Einzelne isolierte Einheiten zur Raumverteidigung können aufgrund etwaiger Überschneidungen mit anderen Trainingsinhalten im Mannschaftstraining und dadurch entstehender Engpässe im Rahmen des Zeitmanagements eher selten durchgeführt werden. Immer einer bestimmten Methodik zu folgen ist im Profibereich schwierig. Gleichsam benötigen die Profis ihre Abläufe in der Trainingsarbeit, wozu natürlich auch das Training der Raumverteidigung dazugehört.
Im Jugendbereich ist die Trainingsmethodik wichtiger
Im Jugendbereich ist die jeweilige Methodik für Pascal Formann deutlich wichtiger, vor allem wenn noch bestimmte Akzente im Rahmen der Raumverteidigung im Training ausgebildet werden sollen. Die jungen Torhüter der Profis sind aber auch noch für die Raumverteidigung im Torwarttraining im Juniorenbereich involviert. So bekommen sie noch den Fokus, um an bestimmten Aspekten der Raumverteidigung sowie der dafür notwendigen Kompetenzen zu arbeiten.
Kommentare (0)
Keine Kommentare vorhanden!