München – Der Torwart der Deutschen, Jens Lehmann, hat es in den letzten Tagen seit Beginn der EURO 08 wirklich nicht einfach gehabt. Im Dauerfeuer der (Medien-)Kritik und im Blickpunkt des Interesses der Fans und auch Gegner hat der Keeper einen starken Druck aufgebaut, den es zu rechtfertigen gilt. Doch bisher blieb Lehmann die Antwort weitgehend schuldig.
Es waren keine einfachen Spiele für den noch Arsenal-Torwart. Gegen Polen wurde Lehmann kaum geprüft und schwamm mit auf der künstlich-aufgebauten Euphoriewelle, die nach dem 2-0 durch Deutschland schwappte. Auch gegen Kroatien gab es kaum Prüfungsmöglichkeiten, um die Leistungsfähigkeit Lehmanns unter Beweis zu stellen. Das 0-1 war unhaltbar, beim 0-2 sah Lehmann zwar nicht glücklich aus, dennoch war es wohl kein Torwartfehler. Beim finalen Schuss zum 0-2 konnte der Torhüter ohnehin nichts mehr machen. Die Leistungen wurden danach unterschiedlich bewertet – doch richtige Grundlagen zur Bewertung waren schwer zu erkennen. Lehmanns Leistung also abhängig von der Teamleistung?
Ganz so einfach ist es nicht. Jens Lehmann ist mit seinen 38 Jahren der absolute Führungsspieler im Team neben Michael Ballack. Nach dem Ausfall von Bernd Schneider und Miroslav Kloses eigenen Problemen baute Bundestrainer Jogi Löw bewusst auf den Torwart – auch um Michael Ballack zu entlasten. Doch große Sicherheit strahlte der Keeper auf die Abwehr nicht aus. Das Abwehrduo Metzelder und Mertesacker steht mehr denn je in der Kritik. Vom mitspielenden „Libero-Torwart“ Lehmann kommt in diesem Fall zu wenig Entlastung. In den 90 Minuten kommuniziert Lehmann viel zu selten mit seinen Vorderleuten. Seine Anweisungen beschränken sich weitgehend auf die Positionierung der Mauer und die Zuweisung von Gegenspielern bei Eckbällen. Mit notwendigem Aufrüttelungen, wie sie Oliver Kahn oftmals erfolgreich praktiziert hat, und dem unbändigen Siegeswillen hält er sich noch zurück.
Auch neben dem Platz sollte sich Lehmann stärker präsentieren. Michael Ballack hat sich in dieser Frage gut entwickelt und übernimmt Verantwortung. Torwart Lehmann wirkt gegenüber Journalisten oftmals arrogant und überheblich. Zudem versucht er, die Fehler meist auf äußere Faktoren abzuwälzen („Der flatternde Ball war schuld“). Im entscheidenden Spiel gegen Österreich ist Lehmann also gefordert. Als Torwart und als Mensch.