Endlich wieder eine Perspektive! Nach seiner ernüchternden Zeit beim VfL Bochum geht es für Philipp Heerwagen beim FC St. Pauli wieder aufwärts. torwart.de sprach mit Heerwagen über den "Kultklub" St. Pauli, seine Hoffnungen und seine schwierige Zeit beim VfL Bochum.
torwart.de: Philipp, du bist nun schon ein paar Wochen bei St. Pauli. Wie sind deine Eindrücke vom Verein?
Philipp Heerwagen: Alle meine Erwartungen wurden bisher bestätigt. St. Pauli ist nun mal einfach ein Kultklub. Die Fans sind fantastisch und die Stimmung im Stadion ist auch einfach großartig.
torwart.de: St. Pauli gilt als Kultklub in Deutschland. Wie spürst du diese Identifikation der Fans mit ihrem Verein als Spieler?
Heerwagen: Der Totenkopf ist hier im Verein allgegenwärtig – im Stadion, bei den Fans, im Umfeld. Die Anhänger identifizieren sich total mit dem Verein, das merkt man auch als Spieler. Aber das Besondere ist, dass die Fans immer hinter der Mannschaft stehen, auch wenn man mal hinten liegt. Das ist in anderen Vereinen nicht immer so. Da wird man schon mal ausgepfiffen.
torwart.de: Inwiefern hat sich für dich das Torwarttraining im Vergleich zu Bochum geändert?
Heerwagen: Eigentlich hat sich da nicht viel verändert, außer dass ich jetzt natürlich andere Trainingspartner und einen neuen Torwarttrainer habe. Das Niveau war in Bochum hoch – und genau so ist es auch hier bei St. Pauli.
torwart.de: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Mathias Hain, deinem Torwarttrainer?
Heerwagen: Für mich ist es total spannend, mit jemandem zu arbeiten, gegen den man selbst schon gespielt hat. Und es macht Spaß, mit ihm zu trainieren. Wir verstehen uns wirklich gut.
torwart.de: In Bochum hattest du kaum mehr eine Perspektive. Nun bist du aktuell die Nummer zwei bei einem Aufstiegsfavoriten. Wie wichtig ist das Gefühl, endlich wieder gebraucht zu werden?
Heerwagen: Gebraucht zu werden ist natürlich der Ursprung aller Motivation. Und jetzt bin ich in einer Mannschaft, die ein Ziel hat. Und da macht es natürlich Spaß, dabei zu sein.
torwart.de: Wie bereitest du dich als Nummer zwei auf den Moment X vor, falls du doch gebraucht wirst und innerhalb kurzer Zeit auf den Platz musst?
Heerwagen: Man muss immer bereit sein und so trainieren, als ob man im Tor stehen würde. Wenn man dieses Gefühl hat, kann Moment X jederzeit kommen. Und genau so gehe ich an die Sache ran.
torwart.de: Du hattest in den letzten Jahren nicht unbedingt viel Spielpraxis. Wie sehr fehlt dir diese Matchpraxis und wie kann man diese kompensieren?
Heerwagen: Ich bin seit elf Jahren Profi. Ich weiß, was ich auf dem Platz zu tun habe.
torwart.de: Hast du etwas an deinem Torwartspiel in den letzten Jahren verändert?
Heerwagen: Nein, nicht großartig. Natürlich habe ich mich physisch weiterentwickelt, gar keine Frage. Und man lernt ja auch immer dazu. Aber ich bin schon seit Jahren auf dem höchsten Niveau. Und natürlich bekomme ich jetzt z.B. durch Mathias Hain auch neuen Input, aber das sind Nuancen.
torwart.de: Die Station Bochum war als Gesamtes betrachtet nicht unbedingt glücklich für dich. Wie konntest du in dieser Zeit deine Motivation behalten bzw. hattest du Zeiten, in denen du ans Aufhören sogar gedacht hattest?
Heerwagen: Ich halte mir immer vor Augen, dass ich den geilsten Job der Welt habe. Und wenn ich den tollsten Job habe – warum sollte ich dann aufhören?
torwart.de: Würdest du im Nachhinein etwas anders machen in Bezug auf die Zeit in Bochum?
Heerwagen: Natürlich war es nicht immer leicht ruhig zu bleiben bei 1860, aber ich habe immer daran geglaubt, dass es irgendwann auch wieder positiv zu mir zurückkommen würde. Daher habe ich mich ruhig verhalten. Außerdem hat mir sehr geholfen, dass ich in der Mannschaft einen sehr guten Stellenwert habe.
torwart.de: Welche Ziele setzt du dir mit St. Pauli?
Heerwagen: Erstens, dass ich spiele! Und zweitens, dass ich mich weiter entwickle, als Spieler und auch als Persönlichkeit.
torwart.de: Das Leihgeschäft läuft aktuell nur ein halbes Jahr. Könntest du dir auch darüber hinaus vorstellen, beim FC St. Pauli zu bleiben?
Heerwagen: Das liegt nicht in meiner Macht. Ich kann nur sagen, dass ich mich hier sehr wohl fühle – mit der Mannschaft, im Verein und auch in der Stadt.