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Home > Archiv > 1.6 WM 2006 - Deutschland > WM-Interviews > Angelo Peruzzi (ITA)

Angelo Peruzzi - "Hautnah" bei torwart.de (28.05.06)

"Buffon ist der Beste"


Mit 36 Jahren ist Angelo Peruzzi einer der besten Torhüter der Serie A. Er bereitet sich nach der für ihn erfolgreich verlaufenden Saison im Trikot von Lazio Rom auf das Abenteuer WM2006 in Deutschland als Nummer 2 hinter Gianluigi Buffon vor. Vor dem Hintergrund der schwierigen Situation, die der italienische Fußball und auch Gianluigi Buffon momentan durchlaufen, könnt Peruzzi auch die Nummer 1 bei der WM sein.

In einem Interview, das er freundlicherweise gegenüber torwart.de-Korrespondent und Experte für den südeuropäischen Fußball, Marco Me-dici, gegeben hat, bekräftigt er mit der gewohnten Bescheidenheit und Ruhe, dass die Hierarchie im Tor der Italiener allerdings klar bestimmt ist.

 

torwart.de: Was bedeutet es für Sie, mit 36 Jahren nochmals das italienische Natinaltrikot während der WM in Deutschland überstreifen zu dürfen?

Peruzzi: Für mich ist es äußerst wichtig, bei der WM dabei zu sein. Ich habe nicht mehr an die Nationalmannschaft gedacht. Allerdings habe bei Lazio immer sehr hart gearbeitet und meine Konstanz während der Saison ist belohnt worden.

torwart.de: Gianluigi Buffon präsentiert sich in jüngster Vergangenheit aufgrund der langen Verletzung und der Problem, die er außerhalb des Spielfeldes hat, nicht immer in bester Form. Hoffen Sie da nicht, sogar die Nummer 1 für Italien bei der WM zu sein?

Peruzzi: Gianluigi Buffon ist für mich der absolut beste Torhüter, den wir in Italien haben. Aber falls mein Beitrag erforderlich sein sollte, werde ich bereit sein.

torwart.de: In der Nationalmannschaft waren Sie in der Vergangenheit noch nicht sehr erfolgreich. Nun eröffnet sich für Sie und die Mannschaft eine weitere Chance, international erfolgreich zu sein?

Peruzzi: In der Nationalmannschaft hatte ich in der Tat bisher nicht viel Glück gehabt. Ich habe 1995 mein Debüt in der Nationalelf gegeben. Bei der EURO 1996 in England war ich die Nummer 1. Leider verlief unsere Europameisterschaft desaströs. Wir sind bereits in der ersten Runde aus dem Turnier ausgeschieden. 1998 bin ich als Nummer 1 zur WM in Frankreich gefahren. Ich habe mich jedoch verletzt.  Bei den anderen Turnieren war ich als Nummer 3 dabei. Zum Ende meiner Karriere nochmals eine letzte Möglichkeit zu bekommen, bei der Squadra Azzura dabei zu sein, erfüllt mich mit großer Freude.

torwart.de: Mit Ihren Vereinsmannschaften haben Sie jedoch mehr Glück gehabt?

Peruzzi: Das ist richtig. Mit meinen Vereinsteams hatte ich entschieden mehr Glück und deutlich mehr Erfolg. In den Spieljahren, die ich bei Juventus verbracht habe, habe ich alles gewonnen: dreimal die italienische Meisterschaft, einmal den italienischen Pokal, zweimal den italienischen Supercup, den UEFA-Pokal, die Champions League, den europäischen Supercup und den Weltpokal. Zusätzlich habe ich mit Lazio noch den italienischen Pokal und den italienischen Supercup gewonnen.

torwart.de: Welcher Sieg war der Schönste?

Peruzzi: Jeder Sieg war besonders und war jeweils ein tolles Gefühl.  Der wichtigste Sieg war vermutlich der Gewinn der Champions League 1996 mit Juve. Wir haben im Finale in Rom im Elfmeterschießen Ajax Amsterdam besiegt. Dabei habe ich zwei Elfmeter gehalten. Das Spiel in Rom war für mich auch deshalb etwas Besonderes, da ich in Rom aufgewachsen und Fußballprofi geworden bin. Im Finale in Rom zu stehen, war damals ein unbeschreibliches Gefühl.

torwart.de: Sie haben in der Tat bereits mit 17 Jahren in der Serie A im Roma Trikot angefangen. Wie verlief der Beginn Ihrer Karriere? Wer war der Torwarttrainer, der Ihnen am meisten beigebracht hat?

Peruzzi: Ich glaube, dass sich ein großer Torhüter bereits in der Jugend heranbildet. Ich hatte zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr in Rom als Torwarttrainer Negrisolo. Ich habe es ihm zu verdanken, dass ich ein „echter“ Torhüter geworden bin. Ein weiterer Meister war für mich Ivano Bordon. Bordon war ein ehemaliger Torhüter mit sehr großer Erfahrung. Er trainierte mich während der großartigen Zeit bei Juve. Heute ist Bordon im Trainerstab der italienischen Nationalmannschaft. Der Anfang war insgesamt natürlich nicht einfach aber sehr lehrreich für mich.

torwart.de: Denken sie hierbei an Ihren Ausschluss vom aktiven Spielbetrieb wegen Dopings?

Peruzzi: Das ist in jener Saison geschehen, in welcher die Roma auf mich als sehr jungen Torhüter bereits gezählt hat. Ich war 20 Jahre alt und war natürlich sehr motiviert. Nach wenigen Tagen habe ich mich verletzt und ein Teamkamerad hat mir zu einem Medikament geraten. Nicht um meine Leistung zu erhöhen, sondern um weiteren Verletzungen vorzubeugen. Das war ein schwerwiegender Fehler, den ich mit einer Doping-Sperre bezahlt habe. Dieser Fehler hätte mich sogar die Karriere kosten können. Danach wechselte ich zu Juventus, wo ich zuerst mit Trapattoni und später mit Lippi die Bedingungen vorgefunden habe, um einen gewaltigen persönlichen Qualitätssprung zu vollziehen.

torwart.de: Welches sind Ihre größten Qualitäten und welches sind Ihre Schwächen?

Peruzzi: Ich würde sagen, dass meine Willenskraft, meine Konstanz, meine Hartnäckigkeit, die ich im Training tagtäglich zeige, und die Ruhe und Sicherheit im Spiel meinen großen Stärken sind. Wenn man schon sehr lange wie ich in der Serie A dabei ist, hat man natürlich auch eine enorme Erfahrung. Torwarttechnisch gesehen, habe ich meine Stärken mit meiner Reaktionsschnelligkeit auf der Linie und bei flachen Bällen. Aufgrund meiner Statur habe ich das eine oder andere Problem bei hohen Bällen.

torwart.de: Wo wir gerade von Ihrer Statur sprechen. Wollen Sie uns Ihren Spitznamen mitteilen?

Peruzzi:: (lachend.) Sicherlich. Meine zwei gängigsten Spitznamen sind “Cinghialone” (dtsch: Wildschein/Eber) und “Tyson”. Wie Sie wissen, habe ich eine für einen Torhüter eher ungewöhnliche Statur, die Parallelen zu diesen Spitznamen aufweist.

torwart.de: In der Nationalmannschaft treffen Sie wieder auf Ihren langjährigen Trainer bei Juve, Marcello Lippi. Wie würden Sie ihn beschreiben?

Peruzzi: Lippi ist ein Erfolgstrainer, der ein absoluter Fußballexperte ist. Er weiß, wie man mit der Mannschaft kommunizieren und ansprechen muss. Zu ihm habe ich immer ein sehr gutes Verhältnis gehabt. Wir kennen uns sehr gut, da wir gemeinsam 5 Jahre bei Juventus Turin verbracht haben, und damals sehr viele Erfolge gefeiert hatten. Später waren wir auch noch ein Jahr bei Inter, welches allerdings weniger erfolgreich verlief.

torwart.de: Welcher Spieler der italienischen Nationalmannschaft kann bei der WM zum herausragenden Spieler werden?         

Peruzzi: Ich glaube, dass Luca Toni, der sich momentan auf dem Höhepunkt seiner Karriere befindet, ein herausragendes Turnier spielen kann. Luca Toni hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt, und konnte bei den schwächeren Teams, bei denen er spielte, sich die notwendige Reife erarbeiten. Er ist den letzten zwei Jahren förmlich explodierte. Er ist konditionell in einer hervorragenden Verfassung. Im Abschluss hat er kontinuierlich getroffen. Toni erzielte 31 Tore in der abgelaufenen Saison. Wenn der den notwendigen Enthusiasmus für das Abenteuer WM aufbringt, kann es eine sehr gute WM für ihn und Italien werden.

torwart.de: Welche anderen Qualitäten oder möglicherweise auch Schwachpunkte bei der sehen Sie bei der italienischen Nationalmannschaft?

Peruzzi: Technisch gesehen sind wir sehr stark. Wir sind dabei auf allen Positionen sehr gut besetzt. Wir glauben, dass der Gewinn des Titels durchaus im Bereich des Möglichen liegt.  Wir müssen jedoch als Team auftreten und eine solide Leistung als Mannschaft zeigen. Wir müssen hochkonzentriert sein und unsere mentale Einstellung muss vorzüglich sein.  Wir sollten nicht den Fehler machen, dass wir nicht an unsere Fähigkeiten glauben.

torwart.de: Was ist Ihre Meinung bezüglich der italienischen Gruppe mit den USA, Ghana und der tschechischen Republik?

Peruzzi: Bei einem WM-Turnier sind alle Mannschaft ernst zu nehmen und sehr leistungsstark. Zudem gibt es immer wieder Mannschaft, die überraschen und über sich hinauswachsen. Wir haben das z.B. bei der Mannschaft von Südkorea 2002 und bei der Euro2004 bei der Mannschaft von Griechenland erlebt. Vor diesem Hintergrund ist unsere Gruppe sehr schwer.

Speziell unser Auftaktspiel gegen Ghana wird sehr schwer für uns werden. Die Mannschaft von Ghana ist physisch in einer sehr guten Verfassung und die Spieler werden bei ihrem WM-Debüt sehr motiviert sein.

Die USA haben ebenfalls eine sehr gute Mannschaft, welche sich in der vergangenen Zeit sehr schnell positiv entwickelt hatte. Bei der WM2002 waren sie bereits gut genug, eine Mannschaft wie Portugal zu überraschen und das Viertelfinale zu erreichen. Dort verloren sie gegen die deutsche Mannschaft, welche immerhin das Finale erreichte.

Schließlich noch die tschechische Republik, deren kraftvolles und solides Spiel weltbekannt ist. Diese Mannschaft hat herausragende Spieler wie Pavel Nedved von Juventus Turin und Torwart Cech von Chelsea London. Dieses Team hat sicherlich das Potential, bei der WM ganz weit nach vorne zu kommen.

torwart.de:: Reden wir über die  Berufung der Torhüter für eine WM-Mannschaft. Glauben Sie, dass es besser ist, bereits lange vor Start des WM-Turniers eine klare Hierarchie bei den Torhütern festzulegen, oder sollte man einen offenen Konkurrenzkampf zwischen den Torhütern bis kurz vor Beginn des Turniers aufrechterhalten?

Peruzzi: Situationen, wie diese, erlebt jeder Charakter unterschiedlich. Das Wissen stets im Wettbewerb zu stehen, treibt alle an, tagtäglich das Beste aus sich herauszuholen und zu geben. Es kann jedoch auch Nervosität und übermäßigen Druck verursachen, wenn sich die Dinge nicht gut entwickeln. Im Falle einer WM muss man erwarten, dass die Motivation bei jedem Spieler sehr hoch sein sollte – egal ob Stammspieler oder nicht.

torwart.de: Was denken Sie über die deutsche Mannschaft? Welchen Einfluß kann der Heimvorteil bewirken?

Peruzzi: In den letzten Jahren befand sich die Mannschaft der Deutschen im Umbruch, was darauf zurückzuführen ist, dass in Deutschland bei der Nationalmannschaft ein Generationenwechsel vollzogen wurde. Somit versucht man junge wertvolle Spieler aufzubauen, die in der Lage sind, alte Berühmtheiten zu ersetzen. In den letzten zwei Jahren hat die Auswahl von Klinsmann lediglich Freundschaftsspiele vollzogen. Der Heimvorteil wird jedoch diesen Nachteil kompensieren können. Mit den Zuschauern im Rücken kann sehr viel möglich sein. Ich gehe davon aus, dass Deutschland sicherlich unter den ersten vier Mannschaften bei der WM sein wird.

torwart.de: Mit welchem Spieler würden Sie gerne das Trikot tauschen?

Peruzzi: Normalerweise tausche ich das Trikot mit meinem Torwartkollegen – vielleicht Kahn. Ich hätte jedoch auch nichts dagegen, wenn ich ein Trikot von Ballack bekäme. Er ist ein Spieler, den ich aufgrund seiner technischen Vollkommenheit und aufgrund seines Charakters sehr mag.

torwart.de: Welche Mannschaft wird das Turnier gewinnen?

Peruzzi: Einfache Frage: Brasilien.

torwart.de: Was erträumen Sie sich für das Finale?

Peruzzi: (lachend) Ich träume lediglich, dass einer der Endspielteilnehmer Italien sein könnte.

torwart.de: Wer ist Ihrer Ansicht nach der stärkste Torhüter der Welt?

Peruzzi: Es gibt zwei Torhüter, die gleichermaßen schätze und für die besten halte: Gianluigi Buffon und Petr Cech.

torwart.de:: Kennen Sie Deutschland als Land?

Peruzzi: Leider kenn ich das Land sehr wenig. Obwohl ich schon oft dort gespielt habe, hatte ich nie die Möglichkeit, es wirklich kennen zu lernen und zu besuchen.

torwart.de:: Wie ist Ihr Verhältnis mit den anderen Torhütern in der Nationalmannschaft?

Peruzzi: Wie mit allen Nationalspielern sehr gut. Buffon ist ein Freund und ein Spieler, der charakterlich top ist. Amelia ist ein junger sehr talentierter Spieler. Von den Erfahrungen, die er bei dieser WM macht, wird er noch sehr viel lernen können.

torwart.de: Haben Sie bereits Pläne für die Zeit nach der WM? Welches Gefühl hat das kürzlich bekundete Interesse von Milan bei Ihnen hervorgerufen?

Peruzzi: Dass man von einem Klub wie Milan geschätzt wird, schmeichelt mir sehr. Jedoch fühle ich mich bei Lazio sehr wohl. Mit der Qualifikation für den UEFA-Cup haben wir auch in diesem Jahr wieder ein sehr wichtiges Ziel erreicht. Meinen bis 2007 laufenden Vertrag beabsichtige ich, bei Lazio zu erfüllen. In jedem Fall gelten meine Gedanken bis zum Sommer ausschließlich der Nationalmannschaft.

torwart.de:: Sie haben immer in Italien bei Rom, Verona, Juventus, Inter und Lazio gespielt? Wäre es da nicht reizvoll noch eine Auslandserfahrung zum Ende Ihrer Karriere zu machen.

Peruzzi: (lachend) Sicherlich nicht. Mein Platz ist in Italien, in der Nähe meines Zuhauses mit meiner Familie.

torwart.de: Wir bedanken uns sehr für das Gespräch und wünschen der Squadra Azzura viel Glück bei der WM.

Peruzzi: Vielen Dank.


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