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Nachbetrachtung der Europameisterschaft

von Tobias Rübe

 

Die Europameisterschaft in ganz Europa ist vorüber. Sie war durchaus allein aufgrund der Begleitumstände ein besonderes Turnier. Nicht nur, dass das Turnier, obwohl es mit einem Jahr Verspätung stattfand, immer noch als EM 2020 beworben wurde, sondern war die EM 2020 durchaus auch politisch mit einer gewissen Brisanz behaftet. So sorgte die UEFA dafür, dass die Halbfinals und das Finale in einem ausverkauften und vollbesetzten Wembley Stadion stattfanden, nachdem sie der britischen Regierung drohte die Spiele kurzerhand in Budapest stattfinden zu lassen, wenn das Stadion eine stark reglementierte Auslastung aufweisen würde. Ebenso wurde es öffentlich diskutiert, ob Regenbogenflaggen und das Niederknien im Rahmen der „Black Lives Matter" Bewegung nun erlaubt wären, oder sie zu politisch seien, weil sie nicht in allen Austragungsstätten positiven Anklang fanden.

Doch auch auf dem Platz passierten viele bemerkenswerte Dinge. Der tragische Höhepunkt fand diesbezüglich am zweiten Turnier statt, als Christian Eriksen, der dänische Starspieler, in Kopenhagen wenige Minuten vor der Pause auf dem Platz zusammenbrach und reanimiert werden musste. Glücklicherweise hat Eriksen die dramatischen Geschehnisse überstanden und befindet sich weiterhin auf dem Wege der Besserung, wenngleich noch nicht sicher ist, ob er auf den Platz zurückkehren wird.

Aber unabhängig davon passierten auch aus sportlicher Sicht bemerkenswerte Dinge. Einige der hoch gehandelten Mannschaften strauchelten bzw. schieden früh im Turnier aus. Beispiele hierfür waren die Türkei, die sich selbst zum erweiterten Favoritenkreis zählten, der amtierende Weltmeister Frankreich und auch die deutsche Nationalmannschaft. Jeweils an der Gesamtperformance maßgeblich beteiligt waren auch die Leistung der jeweiligen Schlussmänner. Zwar wird in den Medien verstärkt bei den Torhütern darauf geachtet, wie gut ein Torwart in der Spieleröffnung agiert und wie stark er fußballerisch ausgebildet ist, doch die Europameisterschaft zeigte eindrucksvoll, wie sehr eine Mannschaft nach wie vor einem Torwart abhängig ist, der vor allem in seinen Kernbereichen über die entsprechenden Fähigkeiten verfügt, auf der Linie oder auch in der Raumverteidigung.

So resultierten einige Tore aus einer suboptimalen Verteidigungsaktion des Keepers. Besonders auffällig ist aber hierbei auch ein Blick in die Statistik. So kassierten vor allem auch Manuel Neuer und Hugo Lloris mehr Tore, als grundsätzlich durch die Spielsituationen zu erwarten war. Grundsätzlich war es jeweils kein gutes Turnier von den beiden Torhütern, die grundsätzlich zur Weltspitze gehören bzw. gezählt werden. Lloris schaffte es dabei nicht, als Kapitän eine Mannschaft von Individualisten wie Pogba und Mbappé zu einem. So schieden die Franzosen in einem spannenden und verrückten Achtelfinale gegen die Schweiz aus. Nach spektakulären 90 Minuten stand es 3:3. Die Schweizer drehten die französische Führung in der zweiten Halbzeit von einem 3:1 Vorsprung, der kurz vor Schluss doch noch ausgeglichen wurde.

Während Yann Sommer in diesem Spiel seine Mannschaft vor weiteren Gegentreffern mit mehreren Paraden bewahrte und im Elfmeterschießen noch zum Helden wurde, sah Lloris bei weitem nicht so souverän aus. Die Treffer waren durchaus zwingend vollständig unhaltbar. Aber auch bereits in der Vorrunde schien es so, dass Lloris nicht auf seinem Maximum war. Ähnlich verlief auch das Turnier für Manuel Neuer. Vor einem Jahr war Neuer noch das Maß aller Dinge und setzte regelrecht neue Maßstäbe für das moderne Torwartspiel. Doch bereits in den letzten Monaten unterliefen dem fünffachen Welttorhüter immer wieder kleinere Fehler, vor allem auch im Herauslaufen. Auch sein Stellungsspiel war nicht immer im optimalen Bereich.

Dies setzte sich auch bei der Europameisterschaft fort. In einer deutschen Nationalmannschaft, die offenkundig in der derzeitigen Konstellation über ihren Zenit hinweg war und dringend neue Impulse brauchte. Auch Neuer schaffte es viel zu selten, seine Vorderleute zu stabilisieren und gefährliche Situationen im Vorfeld zu lösen. Der 4:2 Sieg in der Vorrunde gegen Portugal konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der Defensive immer wieder zu großen Problemen kam. Vor allen durch scharfe Hereingaben von außen konnte man sowohl die Abwehr als auch Neuer immer wieder vor arge Herausforderungen stellen. So erfolgten sowohl das Eigentor von Hummels als auch die beiden Gegentore gegen die Engländer durch flache Hereingaben. Die Verteidigung erfolgte jeweils von Neuer nach dem gleichen Schema. So stand er jeweils regelrecht vor dem kurzen Pfosten, wodurch er weder die Hereingabe noch den direkten Torschuss verteidigen konnte. Auch gegen Ungarn wären beide Tore durchaus zu verhindern gewesen. So war Neuer bei dem Kopfball von Szalai noch mitten in der Vorbereitung auf seine Aktion und bei dem zweiten Gegentoren verschätzte er sich gravierend bei einem langen Ball und ging dann auch zu zögerlich zum Ball.

Im Allgemeinen resultierten viele Tore bzw. Torchancen aufgrund von langen Bällen in die Spitze oder durch flache Hereingaben von der Grundlinie. Gerade bei den Hereingaben gab es immer wieder das gleiche Schema bei den Torhütern zu beobachten. Der Torwart stand jeweils am kurzen Pfosten, wodurch vor allem der anschließende Torschuss nicht zu verteidigen war. Die Keeper nahmen sich durch ihre Position jeweils aus der Situation. Auch bei Flanken war das Stellungsspiel ähnlich, jeweils waren die Keeper am ersten Pfosten zu finden. Dadurch waren viele Hereingaben durch die Schlussmänner nicht zu verteidigen. Bezüglich des Herauslaufens war es bei manchen Torhütern immer wieder zu beobachten, dass sie sich bei langen Zuspielen in die Spitze immer wieder verschätzten. Besonders hervorzuheben ist hierbei das wilde Stellungsspiel von Marshall bei dem 50 Meter-Tor von Schick.

So stand dieser unverständlicherweise in diese Situation selbst am Mittelkreis und war dadurch nicht mehr in der Lage bei diesem Schuss einzugreifen. Aber auch Unai Simon und Tomas Vaclik zeigten, dass das Abfangen von langen Bällen nicht unbedingt ihre Kernkompetenz ist. So verschätzen sich beide mehrfach, was auch zu gefährlichen Torszenen führte. Aber vor allem Tomas Vaclik kompensierte dies durch starke Aktionen auf der Linie oder im 1 gegen 1, sofern der Ball eben vorab nicht lang geschlagen wurde. Besonders hervorzuheben war seine herausragende Aktion im Achtelfinale gegen die Niederländer beim Stand von 0:0. Im Anschluss geriet die Oranje in Unterzahl und in Rückstand und schied letztlich überraschend gegen Tschechien aus. Auch darüber hinaus war Vaclik der Torhüter, der statistisch betrachtet deutlich mehr vereiteln konnte als zu erwarten war.

Neben Vaclik waren es vor allem auch Pickford und Donnarumma, eben jene Keeper, die mit ihren Mannschaften auch schlussendlich im Finale standen, die weit weniger Gegentore hinnehmen mussten als von der Qualität und Quantität der Torchancen zu erwarten war. Gleichzeitig waren sie zusammen mit Unai Simón und dem jungen Safonov, der ab dem zweiten Gruppenspiel im Tor der Sbornaja stand, die jüngsten Torhüter im Turnier, die auch jeweils die Nummer 1 ihrer Nationalmannschaft waren. Damit zeigte sich, dass sowohl Erfahrung als auch fußballerische Fähigkeiten im modernen Torwartspiel nicht alles sind. Vielmehr waren auch immer wieder die klassischen Kompetenzen und Fähigkeiten eines Torwarts gefragt. So ist es letztlich auch kein Wunder, dass die Mannschaften mit Torhütern, die vor allem in der Tor- und Raumverteidigung glänzten, sehr erfolgreich im Turnier waren. Gleichzeitig gab es auch Überraschungen bei den Torhütern. So zeigten beispielsweise mit Robin Olsen und Tomas Vaclik Torhüter starke Leistungen, denen die Spielpraxis fehlte, da sie im Verein nicht über den Status der Nummer hinaus kamen.

Gleichzeitig wird durch die Europameisterschaft auch wieder das Transferkarussell in Schwung kommen. So haben bisher die ablösefreien Donnarumma und Vaclik neue Vereine gefunden, wobei beide vorab den Vertrag bei ihrem bisherigen Verein nicht verlängern wollten. Bei Donnarumma stand allerdings vorher fest, dass er sich wohl der PSG anschließen wird. Portugals Nummer 1 Rui Patricio wechselt zum AS Rom, während Robin Olsen wohl Rom in Richtung Lille verlassen wird.


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