Benedikt Pliquett ist eigentlich von Beruf Torhüter, aber seine Statur (1,99 Meter) würden den Schlussmann vom FC St. Pauli auch gut als Bodyguard qualifizieren. Man könnte sich das sogar gut vorstellen, wie der bullige Mann mit den kurz geschorenen Haaren einen Präsidenten zur Limousine begleitet oder die Präsidentengattin aus der Gefahrenzone trägt. Sollte sich Pliquett nach dem Ende der Fußballerkarriere doch noch für den gefährlichen Job des Personenschützers entscheiden, so hatte er am Freitag zumindest eine gelungene Generalprobe.
Es war ohnehin eine hitzige Partie zwischen dem FC St. Pauli und Schalke 04, als in der 89. Minute ein Bierbecher auf den Platz flog und Schiri-Assistent Thorsten Schiffner im Nacken traf. Pliquett hatte zu diesem Zeitpunkt bereits selbst zwei Nackenschläge hinnehmen müssen: Zwei Gegentore, die den FC St. Pauli noch weiter in den Abstiegssumpf beförderten. Und weil man – frei nach Andreas Brehme – Scheiße am Fuß hat, wenn man Scheiße am Fuß hat, folgte nun auch noch der Spielabbruch durch Schiedsrichter Deniz Aytekin. Der hatte vorher bereits zwei St. Paulianer vom Feld geschmissen, entsprechend wütend war die Meute am Millerntor, die den Becherwurfs eines der ihren schlichtweg nicht mitbekommen hatte. Wieder flogen Becher und Feuerzeuge, als Aytekin mit seinen Kollegen in Richtung Spielertunnel marschierte, doch jetzt hatten die Schiedsrichter einen 1,99 Meter großen Beschützer, der zumindest die schlimmsten Wurfgeschosse verhinderte: Benedikt Pliquett rannte als wütende Speerspitze vor den Schiedsrichtern zum Ausgang, die Unparteiischen wurden derweil von Regenschirmen beschützt.
»Ich würde mich immer wieder vorn den Schiedsrichter stellen«, sagt Pliquett anschließend, »die ganze Aktion des einen Fan war feige und dumm. Das wirft kein gutes Licht auf uns.« In der Tat. Nicht nur, dass der FC St. Pauli eh in argen Schwierigkeiten steckt, jetzt droht auch noch eine hohe Geldstrafe, eine Platzsperre oder ein Geisterspiel. Vor allem aber wird das Spiel aller Voraussicht nach mit 0:3 gegen St. Pauli gewertet – das dürfte den Torwart und Bodyguard Benedikt Pliquett wohl am Schlimmsten treffen.
Pliquett, so viel lässt sich sagen, ist jedenfalls ein Mann für die spektakulären Einsätze in dieser Saison. Bei seinem bisher einzigen Einsatz hielt er St. Pauli im Derby gegen den HSV so lange am Leben, bis der Underdog tatsächlich mit 1:0 gewann, als HSV-Hooligans St. Pauli-Fans am Bahnhof überfielen, war der Schlussmann ebenfalls mit dabei. Jetzt das Skandalspiel gegen Schalke 04, weil Trainer Holger Stanislawski überraschend auf Pliquett, statt auf Stammkeeper Thomas Kessler setzte. Wenn dieser Torwart spielt, das ist sicher, ist jedenfalls immer was los...