Fragt man einen (vorzugsweise ältere) Engländer nach dem besten
deutschen Fußballer aller Zeiten, gibt es womöglich eine überraschende Antwort:
Bert Trautmann. Ein großer blonder Bursche aus Bremen, der als Kriegsgefangener
auf die Insel kam und 1956 als erster Torhüter und Ausländer dort "Fußballer
des Jahres" wurde. torwart.de hat mit Bert Trautmann über den bisherigen
WM-Verlauf und über das Spiel der Engländer gesprochen.
torwart.de: Bert Trautmann, haben Sie das erste Spiel der Engländer gesehen?
Bert Trautmann: Natürlich. Aber irgendwann während des Spiels habe ich den Fernseher ausgeschaltet.
torwart.de: Waren Sie müde?
Trautmann: Von wegen, ich war wütend!
torwart.de: Warum das denn?
Trautmann: Was die englische Nationalmannschaft geboten hat, war eine absolute Frechheit! Kein Spielwitz, keine Leidenschaft, nichts! Wir reden über Nationalspieler und von Nationalspielern verlange ich eine Leistung, die über Kreisklassen-Niveau hinaus geht.
torwart.de: Sind Sie nicht auch enttäuscht, von dem schlimmen Torwartpatzer von Robert Green?
Trautmann: Der arme Kerl tut mir nur leid. Jetzt haben die Engländer einen idealen Sündenbock gefunden und können die eigene grausame Leistung hinter Greens Aktion verstecken. Das macht mich noch wütender.
torwart.de: Aber den Ball muss er schon noch halten, oder?
Trautmann: Das steht doch außer Frage. Aber das Tor hat mich in meiner grundsätzlichen Meinung über die aktuellen Torhüter bestätigt.
torwart.de: Die da wäre?
Trautmann: Warten Sie, ich präsentiere Ihnen mal das typische Geräusch der WM-Torhüter (klatscht in die Hände). Patsch! Die Jungs sind einfach nicht mehr in der Lage einen Ball ordentlich zu fangen. Die lassen jeden Schuss abklatschen. Green hatte nach dem Gegentor ja noch so eine Szene, in der er den Ball nur mit Müh und Not an die Latte lenkt. Warum fängt der Junge die Kugel nicht?
torwart.de: Vielleicht liegt es an dem neuen WM-Ball?
Trautmann: Ach du meine Güte, der ist ja nun nicht zum ersten Mal im Einsatz. Die Mannschaften hatten doch genügend Zeit sich auf das Teil einzustellen. Ich kenne aktuell nur einen Torwart auf der Welt, der noch in der Lage ist, einen Ball vernünftig zu fangen.
torwart.de: Wer ist der Glückliche?
Trautmann: Julio Cesar, der brasilianische Champions-League-Sieger. Der hat es drauf.
torwart.de: War es denn früher anders?
Trautmann: Ich will hier nicht den Märchenonkel spielen, aber ich habe als junger Kerl alles fangen wollen, was halbwegs rund war. Völkerball zum Beispiel, kennen Sie das überhaupt noch?
torwart.de: Na klar.
Trautmann: Völkerball, darin war ich ein Ass! Kann man den heutigen Torhütern eigentlich nur empfehlen. Obwohl, viel wichtiger ist etwas anderes: Manche Torhüter sind eben Naturtalente, andere eben nicht. Robert Green - tut mir leid, mein Junge! - ist kein Naturtalent.
torwart.de: Und Manuel Neuer, die deutsche Nummer 1?
Trautmann: Auch nicht. Aber er ist ein harter Arbeiter, das war Hans Tillkowski beispielsweise auch. Und der war ja auch ein Guter.
torwart.de: Abschließende Frage: Was sollen die Engländer denn nun tun mit ihren Torhütern?
Trautmann: Ich würde Fabio Capello empfehlen: Nimm den jungen Joe Hart von Birmingham City, klopf ihm auf die Schulter und rein mit ihm ins Tor. Der Kerl wird vor Aufregung vielleicht zittern wie Espenlaub, aber seine Leistung bringen. Da bin ich mir sicher.