Rund eine halbe Stunde lang sahen die Zuschauer im Stade de Lyon eine zähe Partie, in der Belgien keine Lösungen fand gegen Italiens Defensive. Diese reihte sich bei gegnerischem Ballbesitz zu einer Fünferkette auf und ließ Belgien keine Chance für offensive Akzente. Erst nach knapp 30 Minuten nahm die Partie Fahrt auf - und das lag ausschließlich an der Squadra Azzurra. Pelle gab den ersten Torschuss des Conte-Teams aus gut 20 Metern ab, der das lange Eck knapp verfehlte. Courtois im Tor der Belgier wirkte angespannt, war aber dennoch ruhig und klar in seinen Aktionen. Kurz darauf ging Italien in Führung: Bonucci schlug einen herrlichen Flugball über den halben Platz, Alderweireld unterlief diesen - und Giaccherini schlenzte die Kugel nach mustergültiger Ballannahme in die Maschen. In der 32. Spielminute konnte Thibaut Courtois den Gegentreffer nicht verhindern und wurde von seinen Vorderleuten im Stich gelassen, die es verpassten den langen Flugball aus der italienischen Defensive, richtig zu verteidigen.
Wenig später boten sich Italien zwei weitere gute Chancen: Candreva zwang Courtois zunächst aus der zweiten Reihe zu einer Glanzparade, ehe Pelle völlig freistehend aus sechs Metern vorbeiköpfte. Beim Distanzschuss von Candreva war der belgische Schlussmann, der als künftiger Welttorhüter gehandelt wird, zur Stelle und parierte den Ball gekonnt zur Seite. Beim Kopfball von Pelle wäre auch der Chelsea-Keeper machtlos gewesen. Kurz nach der Halbzeitpause zwang Pelle Courtois per Kopf zu einer Großtat, der belgische Schlussmann parierte mit den Fingerspitzen. In dieser Situation zeigte Courtois sein ganzes Können. Seine optimale Ausgangsposition, die hohe Spannung im Körper und eine schnelle Reaktion verhalfen ihm zu dieser Glanztat. Fortan rannten die Roten Teufel an. Da sich Italien nach Ballverlusten schnell zurückzog und konzentriert verteidigte, boten sich Belgien kaum Räume.
Die Folge: eine Angriffswelle nach der anderen, die ins Leere lief. Kurz darauf hatte der eingewechselte Immobile bei einem Konter die Entscheidung auf dem Fuß, seinen strammen Schuss von der Strafraumkante parierte Courtois glänzend. Bei ihrem Keeper konnten sich die belgischen Feldspieler bedanken, dass es zu diesem Zeitpunkt nur 0:1 aus Sicht der belgischen Nationalmannschaft stand. Pelle war der Schlusspunkt in dieser vor allem in der zwieten Hälfte ereignissreichen und hitzigen Partie vorbehalten: Candreva flankte im Sechzehner nach einem schnellen Gegenstoß an den Fünfmeterraum, Pelle jagte die Kugel volley ins Netz - 2:0 der Endstand. Courtois wurde von seinen Vorderleuten im Stich gelassen und konnte den späten Treffer nicht mehr verhindern. An der Leistung von Courtois lag es an diesem Abend sicherlich nicht, dass Belgien ihr Auftaktspiel gegen überraschend konsequente und spielfreudige Italiener verlor.
Belgien war von Anfang an daran gelegen, die Initiative zu ergreifen und Italien in der eigenen Hälfte einzuschnüren. Allerdings trat die Wilmots-Elf recht behäbig und uninspiriert auf. So kam sie zunächst nur zu einer Möglichkeit: Nainggolan fand mit einem flachen Distanzschuss aus rund 25 Metern in Buffon seinen Meister. Buffon war mit seinen 38 Jahren hellwach und klärte den tükischen Ball souerän zur Seite. Diese Europameisterschaft ist für Buffon die letzte Chance den Europameisterschaft-Titel zu gewinnen. Laut eigener Aussage soll nach der WM 2018 in Russland Schluss sein. Buffon war in der ersten Halbzeit dennoch nur wenig gefordert und musste vor allem fußballerische Akzente setzen. Am Spielaufbau beteiligte sich der Routinier gekonnt, wobei zwei frei spielbare Bälle nicht den Weg zum Mitspieler fanden.
Witsel hatte per Distanzschuss die letzte halbwegs aussichtsreiche Gelegenheit des ersten Durchgangs. Doch Buffon musste in dieser Situation nicht mehr eingreifen. Nach Wiederbeginn attackierte Belgien früher und war gewillt, den Rückstand umzubiegen. Lukaku hatte nach acht Minuten die Großchance zum 1:1 auf dem Fuß, doch sein Lupfer von der Strafraumgrenze verfehlte das Gehäuse. Erst in der Schlussphase hatte Wilmots' Team eine Großchance zum 1:1. Origi kam aus rund fünf Metern frei zum Kopfball und setzte den Ball vorbei. Buffon musste in dieser Situation seine Qualitäten nicht mehr unter Beweis stellen. Im weiteren Verlauf der Partie musste Buffon nicht mehr torwartspezifisch eingreifen und konnte mit seinem Vorderleuten nach Schlusspfiff den Auftaktsieg für die Italiener bei dieser EM bejubeln.