torwart.de sprach mit dem aufstrebenden Torwarttalent Thomas Kessler,
der aktuellen Nummer zwei des 1. FC Köln. Für den 21jährigen, ging mit seinem
Profidebüt im Mai des vergangenen Jahres ein Kindheitstraum in Erfüllung, den
er sich selbst hart erarbeitet hat. Er berichtet davon, wie es ist, in die Fußstapfen
des eigenen Idols zu treten, von der Zusammenarbeit mit Christoph Daum und von
den Höhen und Tiefen einer wahren Achterbahnsaison.
torwart.de: Guten Morgen Thomas, schön, dass Du Zeit gefunden hast für dieses
Interview. Wir wollen Dich als Mensch und in Deiner Eigenschaft als Torhüter
beleuchten und unseren Lesern vorstellen.
Beim 1. FC Köln wirst Du als verheißungsvolles Talent gehandelt und bekamst gerade in letzter Zeit die Möglichkeit, zu zeigen, was in Dir steckt. Spürst Du eine breitere Beachtung in der Öffentlichkeit?
Thomas Kessler: Ja, man merkt schon, ob man jetzt in Köln einkaufen geht, oder einfach nur abends mit Freunden etwas trinken, dass die Leute mich erkennen. Das kam hauptsächlich durch die beiden Spiele, die ich am Ende der letzten Saison gemacht habe, und die drei Spiele, die ich in dieser Saison schon gemacht habe.
torwart.de: Ist das denn eine Art Bonus für Dich, dass Du auch aus dem
Großraum Köln kommst?
Kessler: Ich bin in Köln geboren und war seit ich denken kann auch FC-Fan. Ich bin quasi mit meinem Verein aufgewachsen.
torwart.de: Da zeigen sich Parallelen zum "Schalker-Jung" Manuel Neuer!
Kessler: In der Kölner Presse wurde hin und wieder auf diesen Vergleich hingewiesen. Ich selbst habe mich allerdings etwas dagegen gewehrt. Immerhin spielt Manuel Neuer mit Schalke um die deutsche Meisterschaft und in der Champions League, während ich die Nummer zwei in einem Zweitligaverein bin und erst fünf Zweitligaspiele bestritten habe.
Allerdings haben wir schon in der Jugend gegeneinander gespielt, liefen uns in der U18 Nationalmannschaft gegenseitig den Rang ab, und wurden eigentlich permanent miteinander verglichen. Die Entwicklung von Neuer und Adler gibt mir persönlich jedoch auch einen großen Motivationsschub. Man sieht besonders als junger Torhüter, dass die Karriere sehr schnell in Schwung kommen kann, und dass mittlerweile häufiger Vereine und Trainer auf junge Torleute setzen.
torwart.de: Zwischen Dir und der Kölner Nummer 1, dem Kolumbianer, Faryd Mondragon liegen mehr als 15 Jahre Altersunterschied. Er ist der Erfahrene, Du der junge Herausforderer. Wie bewertest Du diese Konstellation?
Kessler: Ich denke, gerade für einen jungen Torhüter wie mich, ist das eine sehr gute Konstellation. Ich kann viel von ihm lernen, von seiner Erfahrung profitieren und ich sage mir, wenn ich in 15 Jahren auf denselben Werdegang zurückblicken kann, dann hatte ich eine tolle Karriere.
torwart.de: Kannst Du ein konkretes Beispiel nennen, was man sich von Mondragon abschauen kann?
Kessler: Am meisten bewundere ich die unglaubliche Ruhe und Souveränität, die er auf dem Platz an den Tag legt. Allerdings ist das etwas, was man nicht einfach kopieren kann, sondern eine Eigenschaft, die mit Sicherheit auch die Erfahrung mit sich bringt.
torwart.de: Bis Du ihn vor ein bis zwei Jahren kennen gelernt hast, existierte Kolumbien wahrscheinlich noch nicht auf Deiner "Landkarte der Torwartländer". Hat sich daran jetzt etwas geändert?
Kessler: In vielen Nationen gibt es Torhüter, und natürlich auch Feldspieler, die sehr gut sind. Immer wieder lernt man sehr gute Spieler aus Ländern kennen, die nicht den Ruf als "Fußball-Nationen" genießen. Auch die Europameisterschaftsqualifikation hat da ja so einige Überraschungen mit sich gebracht, Rumänien etwa. Die Zeiten, in denen gute Spieler automatisch und ausschließlich aus Deutschland, Italien, Spanien oder Frankreich kamen, sind definitiv vorbei.
torwart.de: Im Unterschied zu der Zeit noch vor zehn/fünfzehn Jahren, muss man heute also als Profifußballer noch wesentlich globaler denken. Das bringt natürlich auch viele Chancen und Möglichkeiten mit sich. Wie ist Deine Einstellung zur Globalität im Fußball?
Kessler: Auch hier in Köln spielen sehr viele Spieler unterschiedlicher Nationalität in einem Team. Dadurch braucht es natürlich etwas mehr Zeit, wirklich zu einer Einheit zu werden. Die Sprache ist natürlich eine Hürde, die aber von den ausländischen Spielern in unserer Mannschaft in der Regel schnell überwunden wird. Im Großen und Ganzen ist gute Zusammenarbeit eine Typfrage und nicht eine Frage der Herkunft.
torwart.de: Hat das für dich als Spieler auch einen gewissen Reiz, mit Menschen aus so unterschiedlichen Ländern zusammenzuarbeiten?
Kessler: Absolut. Dabei lernt man ja nicht nur Fußballkulturen kennen, sondern auch die Kultur im Allgemeinen und die Mentalitäten der Menschen. Das bringt einen eben nicht nur als Fußballer, sondern auch als Mensch weiter. Ich bin sehr froh, dass ich diese Situation in meinem Beruf kennen lernen kann. Wenn ich beispielsweise Bürokaufmann geworden wäre, hätte ich diese Erfahrungen mit verschiedenen Kulturen wahrscheinlich noch nicht gemacht.
torwart.de: Stichwort Ausbildung: Hast Du neben Deiner Karriere als Fußballer auch eine Berufsausbildung gemacht?
Kessler: : Ich habe mein Fachabitur gemacht und danach ein freiwilliges soziales Jahr beim 1. FC Köln. Dann habe ich mich allerdings dazu entschieden, mich erst einmal voll und ganz auf den Fußball zu konzentrieren. Durch den Trainerwechsel von Latour zu Daum bekam ich dann die Chance, mich im Verein gut zu präsentieren.
torwart.de: War dieser Trainerwechsel wirklich entscheidend für Dich?
Kessler: Ja. Für mich war das absolut entscheidend. Ich hatte zwar schon in der A-Jugend die Möglichkeit, bei den Lizenzspielern mitzutrainieren, hatte aber auch eine sehr schwierige Phase, als ich in den Seniorenbereich kam. Da sah ich in den ersten Regionalligaspielen gleich zwei rote Karten und brachte nur durchwachsene Leistungen.
Ein auslösender Faktor dafür war sicherlich die Umstellung von Jugend- auf Seniorenbereich. Die Dimension dieser Umstellung wird oft unterschätzt. Auch ich hatte es mir einfacher vorgestellt. Nach der roten Karte, für die ich übrigens meiner Meinung nach gar nicht so viel konnte, durfte ich vorübergehend nicht einmal mehr bei den Amateuren spielen. Ich habe dann erst einmal den Kopf hängen lassen und mich gefühlt als seien alle gegen mich. Mit dieser Einstellung habe ich mir natürlich nicht geholfen.
Die Wende kam, als sich schließlich Christoph Daum meine Leistungen aus einem anderen Blickwinkel betrachtete. Er hat immer an mich geglaubt, und so konnte ich mich schließlich als Nummer zwei durchsetzen.
Ich habe, nachdem ich ja schon mit dem Gedanken gespielt hatte, nach Bochum zu wechseln, eine Chance bekommen, an die ich gar nicht mehr geglaubt habe. Dann habe ich die Zähne zusammengebissen und hart gearbeitet. Vielleicht kann ich ein ganz gutes Beispiel dafür abgeben, dass man sein Ziel erreichen kann, auch wenn die Tür dorthin schon fast zugeschlagen wurde.
torwart.de: Christoph Daum schätzt Dich. Was glaubst Du, ist es, was ihn an Dir überzeugt? Inwiefern erfüllst Du seine Anforderungen an einen Fußballprofi?
Kessler: Na ja, ich habe eigentlich nichts anders gemacht als vorher.
Natürlich sprechen mich jetzt als Nummer zwei Leute auf bestimmte Entwicklungen
an, allerdings glaube ich, dass die Veränderung im Vergleich zu dem halben Jahr
vorher nicht sehr groß war. Ein Trainer sieht einfach den einen Spieler besser
als den anderen. Was jetzt genau den Ausschlag gab, mich als Nummer zwei zu
setzen, kann ich aber nicht sagen. Dazu müsste man ihn wohl selbst fragen. Durch
die Verletzungen von Stefan Wessels und Faryd Mondragon hatte ich dann eben
die Möglichkeit fünfmal zu spielen, was mir meiner Meinung nach ganz gut gelungen
ist.
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