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Torwart.de-Spezial: Torwartwechsel als letztes Mittel für den Erfolg?

von Marcel Schäfer & Tobias Schlitzke

Es scheint so, als gäbe es immer häufiger Torwartwechsel in der 1. und 2. Bundesliga. Vor allem Trainer, die unter Druck stehen, nutzen dieses Mittel gerne, um der Mannschaft „einen Impuls“ zu vermitteln. Doch lohnt es sich wirklich? Und welche Konsequenzen hat dieser Wechsel auf die Mannschaft? torwart.de begab sich auf Spurensuche. Roman Weidenfeller (Dortmund) ist dabei das jüngste Beispiel.

In dieser Saison traf es bereits einige prominente Vertreter: Ganz aktuell Roman Weidenfeller (Dortmund), Raphael Schäfer (1.FC Nürnberg), Gabor Kiraly (1860 München) und in der ersten Bundesliga mit René Adler (Hamburger SV) gar die ehemalige deutsche Nummer 1. Selbst VfB Stuttgart-Ikone und Eigengewächs Sven Ulreich traf es etwas unvermindert. Was dabei auffällt: In nahezu allen Fällen stand der Trainer unter Druck. Noch eine Niederlage und es hätte gegebenenfalls ihn erwischt. Nicht immer hat der Wechsel gefruchtet und den erhofften Erfolg eingebracht. Mittlerweile sind die Trainer Slomka (HSV), Isamil (Nürnberg) und Armin Veh (VfB Stuttgart) trotz der Torwartwechsel ihre Trainerjobs los. Werden diese Wechsel mehr? Thomas Schlieck, Torwartkoordinator von RB Leipzig, hat dazu eine klare Meinung. „Die Situationen sind meistens sehr individuell und werden oftmals aus Leistungsgrenzen der aktuellen Nummer eins begründet. Bei René Adler war das sicherlich über einen längeren Zeitraum der Fall, während es bei Sven Ulreich eher kurzfristig war. Einen klaren Trend erkenne ich dazu nicht und es hängen dabei viele Faktoren daran.“

Kein klarerer Trend erkennbar

Es ginge dabei viel mehr darum „Konstanz auf der Position des Torhüters zu finden“. Dem stimmt auch der Torwarttrainer von Hoffenheim, Zsolt Petry, zu: „Die Gründe für einen Torwartwechsel sind vielfältig. Das kann die Leistung eines Torwarts sein oder auch eben einen Reiz, den der Trainer setzen, wie im Falle beim VfB Stuttgart, als Sven Ulreich sich nur Minimales vorzuwerfen hatte als er beim 2:2 in Dortmund nach einer verpassten Flanke den Ausgleich der Dortmunder verschuldete.“ Aber trotzdem stellen sich viele Fragen. Denn was bedeutet der Wechsel für das Team?

Vor allem auch auf die Hierarchie innerhalb einer Mannschaft und im Torwartteam, wenn selbst die langjährige Nummer eins und teilweise Kapitän (im Falle von Raphael Schäfer z.B.) für einen neuen Impuls ausgetauscht wird?

Hierarchie ein Auslaufmodell?

Lange hieß es „Hierarchie ist ein Auslaufmodell“ und jeder sollte austauschbar sein. Auch in der Nationalelf konnte man die flachen Hierarchien sehen. Doch Harold J. Leavitt von der Stanford University hat dies nun in einer Studie widerlegt, die sowohl auf die Wirtschaft und auch im Sport als übertragbar gilt.

Seine Thesen sind:
1. Hierarchie erfüllt ein tief verwurzeltes Bedürfnis nach Ordnung und Sicherheit.
2. Hierarchie gibt Identität – und dokumentiert, wer auf welche Weise auf der Leiter des Erfolgs klettert.
3. Hierarchie regelt Struktur und Regelmäßigkeit in einer Organisation, einer Firma oder auch in einer Fußballmannschaft, legt Routinen, Pflichten und Verantwortlichkeiten fest.

Laut Petry verändere sich diese Hierarchie aber durch einen Wechsel nicht unbedingt: „Wenn einer über zehn Jahre die Nummer eins war, wie am Beispiel von Petr Cech gesehen, dann verändert sich diese Hierarchie auch nicht gleich durch einen Wechsel im Team.“

Cech bliebe auch nach seiner Degradierung eine Führungsfigur innerhalb der Mannschaft und eine Respektperson außerhalb des Platzes. Die wichtigen Fragen sind laut Schlieck ohnehin:.„Wie lange gibt es die Hierarchie? Ist diese gewachsen? Bröckelt diese?“

Wechsel ist meistens eine Bauchentscheidung

Daher hat auch der Torwart einen besonderen Status im Team. Der Torwartkoordinator von RB Leipzig führt weiter aus: „Es ist natürlich klar, dass auf der Position des Torhüters nicht so häufig gewechselt wird, wie auf anderen. Da geht natürlich ein ganz anderes Signal intern als auch extern an alle heraus. Damit setzt man ein deutliches Zeichen.“ Lange überlegt sind solche Entscheidungen nicht: „Am Ende ist es eine Bauchentscheidung und weniger als eine wirklich über Wochen gefestigte Entscheidung.“

Unruhe im Team

Nicht immer kann man dabei Unruhe im Team vermeiden. Beispiele gibt es genug. Der Torwartkoordinator: „Es ist natürlich wichtig, wie das kommuniziert wurde und mit welchen Charakteren man es zu tun hat. Beispielsweise hätte der ehemalige HSV-Torwart, Frank Rost, eine kurzfristige Degradierung zur Nummer zwei sicherlich nicht ohne Murren akzeptiert. Atmosphärische Störungen in der Mannschaft wären vorprogrammiert gewesen. Es gibt durchaus Spieler, die offen ihre Meinung emotional ausleben, wiederrum andere suchen den Schulterschluss mit dem vertrauten Torwarttrainer.“ Schlieck gibt dabei als Rat: „Ein Torwarttrainer sollte immer eine gewisse Distanz mitbringen. Nur dann kann er sich in einer solchen Situation auch neutral verhalten.“

Rotation auf der Torwartsposition im Profifußball eher die Ausnahme

Aber es gibt auch Typen, die damit umgehen können. Vor allem, jene, die seit Jahren auf ähnlichem Niveau gespielt haben. Bei Eintracht Braunschweig im letzten Jahr gab es zwischen Daniel Davari und Marjan Petkovic absolut keine Probleme. Von Rotationen hält Schlieck jedoch nichts: „Im Jugendbereich kann das gegebenenfalls noch funktionieren, wenn beide gleich stark sind. Aber im Profifußball bei dem Kleinigkeiten über Sieg und Niederlage entscheiden können, ist es wichtig, dass auf der Torwartposition Kontinuität herrscht, so dass sich besonders die Abwehr optimal mit der Nummer eins abstimmen kann."

Petry widerspricht dieser Ansicht etwas: „Die Barcelona-Lösung, bei der Marc-André ter Stegen in der Champions League spielt und Claudio Bravo in der Meisterschaft, finde ich durchaus nicht ganz verkehrt. In der Bundesliga macht man das ja auch im Feld, daher ist die Frage, wieso man das nicht auch im Tor machen kann?“ In Hoffenheim hatte man diese Lösung ja im Pokal praktiziert: „Das kann helfen, die Spannung unter beiden Torhütern aufrecht zu erhalten und vor allem auch eine Entspannung bei der Nummer eins während einer langen Runde zu sorgen.“ Die Nummer zwei könne so auch „besonders motiviert“ werden, vor allem auch für das Training und er wisse, dass er nicht „umsonst“ trainiere. "

Rolle des Torwarttrainers

Durch einen Torwartwechsel kann es auch zu einem Spannungsverhältnis zwischen dem Chef- und Torwarttrainer kommen. Der Cheftrainer trägt die Verantwortung für die Mannschaftsaufstellung und trifft grundsätzlich die finale Entscheidung, wer im Tor steht. "Ein Torwarttrainer hat die Aufgabe, den Cheftrainer bei seinem Bauchgefühl mit einer Analyse der bisherigen Spiele und der Trainingsleistungen der beiden Torhüter beratend zu unterstützen. Je mehr der Torwarttrainer im Torwartkonzept des Vereins verankert ist und eine positive Arbeitsbasis zwischen Chef- und Torwarttrainer herrscht, umso mehr kann sich der Torwarttrainer auch offensiver in den Entscheidungsprozess einbringen und seine Argumente darlegen", erklärt Schlieck. Für Zsolt Petry ist es aber am Ende ebenfalls eine Gefühlsentscheidung des Cheftrainers, die vom gesamten Trainerteam mitgetragen werden muss.

Torwartwechsel als letztes Mittel eines Trainers ungeeignet

Als ein „letztes Mittel eines Trainers“ sei der Torwartwechsel aber nicht geeignet, außer für „Trainer, die ohnehin nichts mehr zu verlieren“ hätten. Ein Beispiel dabei war der Wechsel von Schalke 04 in der letzten Saison, als Timo Hildebrand und Ralf Fährmann die Rollen tauschten. Der damalige Trainer Jens Keller stand damals unter enormen Druck und versuchte mit der Hereinnahme von Fährmann auch eine Nachricht an das Umfeld zu senden: „Ich habe alles versucht.“ Der Wechsel gelang und Keller blieb im Amt.

Petry: „Es gilt manchmal auch die Nummer eins zu schützen, wenn dieser einen negativen Lauf hat und einfach mal eine Pause benötigt.“ Dabei entscheiden Nuancen: „Ich habe es aus eigener Erfahrung selbst erlebt und wurde zur Nummer zwei degradiert und die neue Nummer eins hatte dann einfach mehr Glück und etwas weniger Druck und konnte sich beweisen.“ Denn wenn man ständig „negative Erlebnisse“ hätte, dann lasse der eigene Glaube an einem selbst nach. So eine Entscheidung sei ohnehin „nicht auf Dauer“ und irgendwann bekomme der andere Torwart wieder „seine Chance“.

Auswirkungen auf die Mannschaft

Die Auswirkungen für die Mannschaft sind aber erstmal überschaubar, erklärt Schlieck: „Beide Torleute trainierten im bisherigen Saisonverlauf sowohl mit dem Torwarttrainer als auch mit der Mannschaft stets zusammen. Daher sind beide mit der spieltaktischen Ausrichtung der Mannschaft und den Erwartungen des Trainers an die Spieler vertraut. Die Mannschaft und die neue Nummer eins konnten bereits im Training verschiedene Spielsituationen einüben und sollten damit auch im Meisterschaftsspiel zu Recht kommen." Für die Abwehr gäbe das zwar eine kleine Umgewöhnung, da gewisse Torhüter eine andere Art der Kommunikation pflegten, aber „auf Top-Level sollte das kein Problem darstellen“. Doch auch hier gibt es besondere Fälle, wie etwa beim HSV mit Drobny/Adler.

Schlieck: „René Adler ist fußballerisch stärker, da können die Spieler natürlich mehr den Torwart einbeziehen und die Aktionen spielerisch lösen. Aber die Spieler sind in der Lage, das schnell umzustellen.“ Auch Petry stimmt dem zu: „Heutzutage muss ein Torwart sich auf ein Spielsystem anpassen und nicht umgekehrt.“ Große Änderungen im Torwarttraining bleiben ebenfalls aus. Petry bestätigt das: „Eventuell modifiziert man das Torwarttraining etwas, um etwas auf die Belange der neuen Nummer eins einzugehen und weitere Sicherheit für die anstehenden Spiele zu geben.

Schlieck sieht das ähnlich: „Jeder Torwart wird mit dem gleichem Training konfrontiert, daher ändert sich dabei nur wenig in der Praxis. Es ist klar, dass z.B. bei den Bayern durchaus Lieblingsübungen von Neuer in das Torwarttraining integriert. Aber das sind am Ende nur Nuancen, die sich ändern.“

Frustration bringt nichts

Und wie geht die neue Nummer zwei damit um? Schliecks Rat fällt nüchtern aus „Am Ende schadet sich die bisherige Nummer eins nur selbst, wenn die Frustration bleibt. Man muss man auch in die Zukunft schauen, dass man sich diesen Moment nicht verbaut.“

Petry sagt aus eigener Erfahrung: „Der Torwarttrainer hat dabei eine besondere Verantwortung hierbei, dass die Stimmung nicht abnimmt. Die neue Nummer eins war ja nicht unbedingt der Grund, wieso jemand die Nummer zwei geworden ist. Er ist dabei beinahe ein Psychologe und dabei kann der Torwarttrainer hier einwirken und für die Entspannung zwischen beiden sorgen.“ Am Ende ist dies gelungen, wenn die neue Nummer zwei dann einen „Schub“ bekommt und sich am Ende wieder heran kämpfen kann und den sportlichen Wettkampf im Rennen um die Nummer eins wieder aufnehmen kann. Bei Sven Ulreich hatte sich am Ende diese Geduld dann auch ausgezahlt: Zum einen verletzte sich Kirschbaum und zum anderen nahm VfB Cheftrainer Veh seinen Hut. Somit ist Ulreich zumindest vorläufig wieder als Nummer eins zurück gekommen.

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