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Home > Archiv > EURO 2016 > Kolumne IV: Nach dem Finale

Thomas Schlieck schaut sich für torwart.de die EM aus einem besonderen Blickwinkel an...

Neuers Torwartspiel ist mit der Bereitschaft zum Risiko gekennzeichnet

Insgesamt ist das Ausscheiden der DFB-Elf im Halbfinale schon enttäuschend (torwart.de-Analse EM 2016: Deutschland - Frankreich 0:2). Unsere Mannschaft beherrschte über weitere Strecken das Halbfinale gegen den Gastgeber. Trotz der vielen Ballbesitzphasen ließen wir leider in der Offensive die notwendige Durchschlagskraft vermissen. Gomez' verletzungsbedingter Ausfall als zentraler klassischer Stürmer konnte nicht kompensiert werden. Zudem erwischte Hugo Lloris einen sehr guten Tag.

In der Anfangsphase des Spiels zeigte Manuel Neuer eine sehr gute Aktion als er den Abschluss von Griezmann mit einer starken Parade abwehrte. Kurz vor der Pause als wir das Spiel kontrolliert haben, geraten wir durch den unnötigen Handelfmeter in Rückstand. Der dem Handspiel vorausgehende Eckball, den Hector unbedrängt ins Aus spielte, hätte eventuell durch eine optimale Kommunikation in den hinteren Mannschaftsbereichen verhindert werden können.

In der zweiten Halbzeit kassiert die deutsche Mannschaft durch eine Aneinanderreihung von Fehlern das 0:2. Manuel Neuer, der ansonsten auch im Spiel gegen die Franzosen eine sehr starke Leistung zeigte, war bei diesem Treffer mitbeteiligt. Bevor Neuer in Aktion treten konnte, hätte der Ball bereits geklärt werden müssen. Joshua Kimmich verliert den Ball und Mustafi lässt sich durch Pogba austanzen. Bei der Flanke, die Pogba mittels Chipball spielt, steht Neuer zu weit am kurzen Pfosten. Trotzdem entscheidet sich Neuer, den Ball im Raum zu attackieren. Den immer länger werdenden Ball kann Neuer nur leicht touchieren und der Ball bleibt in der Gefahrenzone zentral vorm Tor liegen. Neuer wird von Giroud leicht geblockt und hat dadurch keine Chance, vor Griezmann an den Ball zu kommen. Aus meiner Sicht kann man hier von einem Entscheidungsfehler von Neuer sprechen. Ob Neuer den Kopfball von Giroud abgewehrt hätte, wenn er auf der Linie geblieben wäre, bleibt reine Spekulation. Zuvor hätte sich Neuer durch eine Anpassung seiner Startposition mehr zur Tormitte eine vielversprechendere Möglichkeiten zur sicheren Klärung der Flanke schaffen können. Insgesamt zeigte aber diese Spielszene, dass im internationalen Spitzenfußball die Torhüter besonders im kognitiven gefordert sind und in Sekundenschnelle Entscheidungen treffen müssen. Manuel Neuer wird mit Bundestorwarttrainer Andreas Köpke und seinem Torwarttrainer beim FC Bayern, Toni Tapalovic, sicherlich die gesamte Spielsituation aufarbeiten.

Sicherlich wird Neuer in ähnlichen Situation nach wie vor seine hohe Bereitschaft zum Risiko beibehalten, um möglichst frühzeitig den Ball anzugreifen und damit seiner Mannschaft zu helfen. Wir erinneren uns: bei der WM 2014 ging Neuer, wie z.B. im Spiel gegen Algerien, bei seinen Abwehraktionen ein noch höheres Risiko ein (torwart.de-Analse WM 2014: Deutschland - Algerien 2:0 n.V.. Mit dem notwendigen Fortune und Können löste er dabei sämtliche brenzlige Situationen mit Bravour und konnte damit der Mannschaft entscheidend zum WM-Titel verhelfen. Dieses Mal lagen Erfolg und Mißerfolg für Manuel Neuer sehr eng beieinander.

Trotz der Beteiligung beim zweiten französischen Tor hat Manuel Neuer eine hervorragende Turnierleistung gezeigt und einen sehr großen Anteil am Erreichen des Halbfinals. Sein Torwartspiel wirkte sehr souverän und er zeigte auf dem Platz durch die weiteren Erfahrungen und Erfolge weitere Reife und Führungsqualitäten.

Sicherlich war auch die mehrwöchige Zusammenarbeit für Bernd Leno und Marc-André ter Stegen mit Manuel Neuer und Andreas Köpke eine sehr wertvolle Erfahrung, von der sie weiter in ihrem Torwartspiel profitieren können. Ich gehe davon aus, dass auch die Torhüter, die bei diesem Turnier nicht mit dabei waren, wie Ron-Robert Zieler, Kevin Trapp, Lloris Karius und Timo Horn, auch künftig die Möglichkeit haben, in den Kreis der Nationaltorhüter vorzustoßen.

Hugo Lloris zeigte besonders im Spiel gegen Deutschland eine tadellose Leistung. Nach dem 2:0 vereitelte er mehrfach den Anschlusstreffer für Deutschland. Die Franzosen wirkten müde und mit dem Anschlusstreffer im Rücken hätte die DFB-Elf sogar noch den Ausgleich schaffen können. Beeindruckend finde ich, dass Lloris im Bereich der Torverteidigung immer in der richtigen Position ist und damit auf der Linie nur sehr schwer zu überwinden ist. Mit seinem abgeklärten und ruhigen Torwartspiel führte der Kapitän der "les Bleus" zumindest bis ins Finale und dürfte sich im nationalen und internationalen Fußball weitere Anerkennung erarbeitet werden. Interessant ist es, ob im französischen Fußball weitere Torwarttalente den Weg in die internationale Spitze finden werden. Mit dem erst 17-jährigen Alban Lafont (FC Toulouse) und dem Sohn von Zinedine Zidane, Luca Zidane (U17 Real Madrid), stehen erwartungsvolle Talente bereits in den Startlöchern.

Im EM-Finale (torwart.de-Analse EM 2016: Portugal - Frankreich 1:0) war der portugiesische Torwart, Rui Patricio, Matchwinner und Erfolgsgarant für Portugal. Mehrfach entschärfte er beste Einschusschancen der Franzosen und bewahrte sein Team vor einem Rückstand. Der Torwart von Sporting Lissabon wirkte im gesamtem Turnierverlauf sehr sicher und leistete sich keine größeren oder Spiel entscheidende Fehler. Er steigerte sich von Spiel zu Spiel und war maßgeblich am Erfolg der Südeuropäer beteiligt. In der Vergangenheit waren oftmals die Torhüter der Portugiesen eher als Schwachpunkte anzusehen. Mit Rui Patricio hat Portugal nun einen komplett ausgebildeten Top-Torwart. Trotz der Verletzung von Ronaldo präsentierte sich Portugal als hervorragende Mannschaft. Insgesamt war Frankreichs Nummer 1, Hugo Lloris, im Finale wenig gefordert. Beim alles entscheidenden 1:0 durch Eder in der Verlängerung blieb er chancenlos. Der scharf geschossene Flachschuss drehte sich in die rechte Torwartecke und war damit kaum von Lloris zu halten.

Auch wenn bei der EURO 2016 viele Mannschaften mit einer defensiven Ausrichtung spielten, zeigt sich dass die Position des Torwarts sehr komplex ist und sehr hohe Anforderungen durch die Torhüter zu erfüllen sind. Neben den diversen Torwarttechniken in der Raum- und Zielverteidigung muss der Torhüter in der internationalen Spitze auch die Qualitäten von Feldspielern haben. Beidfüßigkeit, die sichere und schnelle Ballan- und mitnahme und die Spielverlagerung gehörten auch zum Grundrepertoire der EM-Torhüter. Die Fähigkeit, große Räume hinter der aufgerückten Abwehrreihe zu verteidigen, wurde auch bei der EURO sehr wichtig. Toptorleute, wie Manuel Neuer oder der Schweizer Yann Sommer, zeigten darin große Klasse.

Für die Ausbildung der künftigen Torleute müssen wir unsere Torwarttrainerausbildung weiter optimieren und insbesondere spielnahe und situative Trainingsformen in das Torwarttraining einbinden. Damit werden wir auch künftig im Torwartland Deutschland die höchste Dichte an internationalen Spitzentorhütern haben.


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