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S. Jentzsch: "Verarbeitung von Fehlern ist ein wichtiger Lernprozess"

torwart.de sprach mit Simon Jentzsch. Der Keeper hatte in seiner Karriere viele Höhen und Tiefen zu durchlaufen. Dennoch ließ er sich nicht unterkriegen und gehört heute zu den erfahrensten Torhütern im aktiven Bundesliga-Geschäft.

torwart.de: Simon, zu Beginn deiner Karriere führte dein Weg von Uerdingen zum Karlsruher SC. Welche Bedeutung hatte diese Station für dich?

Simon Jentzsch: Von vertraglicher Seite war es eigentlich ein Rückschritt, denn in Uerdingen war ich schon Profi und bin dann in Karlsruhe wieder Vertragsamateur geworden. Da ich aber damals mit meinen 18 Jahren weinig Einsatzchancen bei den Profis gehabt hätte, war es gut und auch sehr wichtig, bei den Amateuren Spielpraxis zu sammeln. Wir sind dann gleich im ersten Jahr von der Oberliga in die Regionalliga (3. Liga) aufgestiegen. Insofern war dies eine wichtige Entscheidung für meine weitere Karriere.

torwart.de: Heute ist es eher untypisch, dass junge Torhüter diesen Weg zurück zu den Amateuren gehen, um Spielpraxis zu bekommen.

Jentzsch:Damals wurde überhaupt nicht darüber nachgedacht, einen 18 jährigen ins Tor zu stellen, weil einfach ein gewisses Alter und entsprechende Erfahrung wichtig war. Heutzutage ist die Hälfte aller Bundesligatorhüter ja unter 22. Da hat sich schon einiges geändert. Aber wie gesagt, die Spielpraxis auf relativ hohem Niveau war für mich sehr wichtig. Man macht da gerade als junger Torhüter wichtige Erfahrungen. Auch die Verarbeitung von Fehlern ist ein wichtiger Lernprozess, den man als junger Spieler durchmachen muss.

torwart.de: Vom KSC ging es weiter zu 1860 München. Was dies der nächste logische Schritt?

Jentzsch: Mit Karlsruhe sind wir in die 3. Liga abgestiegen. Daher war ich schon froh, dass ich einige Angebote aus der 1. Liga hatte. Ich habe mich für 1860 München entschieden, was letztlich auch eine gute Entscheidung war. Außer in den ersten eineinhalb Monaten war ich in den kompletten drei Jahren Stammspieler und habe dort meine ersten 100 Bundesligaspiele gemacht.

torwart.de: Wie groß war der Schritt von der zweiten Liga zum Stammtorwart in der ersten Liga?

Jentzsch: Der größte Unterschied war, dass man mehr im Fokus stand, vor allem medial. Es ist in jedem Spiel ein extremer Erfolgsdruck da. Auch beim Tempo und der Abgezocktheit der Spieler gab es merkliche Unterschiede.

torwart.de: Von da an warst du dann die Nr. 1. Was hat sich dadurch verändert?

Jentzsch: An Anfang wirst du noch als junges Talent gesehen, darfst dir auch mal einen Fehler erlauben. Aber mit den Spielen steigen natürlich auch die Ansprüche. Von Seiten der Spieler, vom Umfeld und von den Zuschauern. Irgendwann hast du einen gewissen Leistungsstand erreicht und den musst du jedes Spiel unter Beweis stellen.

torwart.de: Wann kann man tun, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden?

Jentzsch: Wichtig war für mich, dass ich immer gerne trainiert habe. Ich habe auch mal mit dem Torwarttrainer eine halbe Stunde länger trainiert, oder eine komplette Einheit nur mit dem Torwarttrainer gemacht. Allgemein hatte ich das Glück, dass ich immer ein gutes Verhältnis zu meinen Torwarttrainern hatte. Ich denke der Torwarttrainer spielt eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung eines Torwarts. Sowohl im mentalen Bereich als auch in der Trainingsarbeit auf dem Platz. Das wird bei vielen Vereinen noch so ein bisschen unterschätzt.

torwart.de: Der Torwarttrainer stellt für dich also einen wichtigen Ansprechpartner dar, der nicht nur die Übungen im Training vorgibt.

Jentzsch: Absolut. Das ist heutzutage immer wichtiger, weil der Erfolgsdruck noch extremer geworden ist. Optimal finde ich, wenn alle Torhüter inklusive dem Torwarttrainer als Team zusammenarbeiten. So ist es momentan auch in Augsburg. Wir besprechen viele Situationen gemeinsam und jeder kann seine Meinung einbringen. Daneben ist es natürlich auch wichtig, dass der Torwarttrainer einen Plan hat und weiß was er macht. Dazu ist auch ein gewisses Gefühl und Erfahrung bei der Trainingsarbeit notwendig.

Jentzsch: "Höhen und Tiefen"

torwart.de: Hattest du ein Vorbild als Jugendlicher?

Jentzsch: Ein Vorbild hatte ich eigentlich nicht. Ich habe bis zu einem gewissen Zeitpunkt auch nicht so richtig daran geglaubt, dass ich Profi werde. Der Plan war eigentlich zu studieren und nebenher in der dritten oder vierten Liga zu spielen. Irgendwann hatte ich aber einen Profivertrag. Dann habe ich gedacht ich gebe jetzt zwei oder drei Jahre Vollgas und schaue ob es zum Profi reicht.

torwart.de: Nach 1860 München kam der VfL Wolfsburg. Wie blickst du auf diese ereignisreiche Station zurück?

Jentzsch: Es gab Höhen und Tiefen. Das erste halbe Jahr war schwierig, da ich nicht rein gekommen bin und vom Kopf her auch noch nicht so richtig bereit war. Denn eigentlich wollte ich nicht weg aus München. Dann habe ich mich aber gut gesteigert, bin sogar Kapitän geworden. Auch privat hatte ich mich richtig gut eingelebt. Als ich den zweiten Vertrag unterschrieben habe war für mich eigentlich klar, dass ich hier länger bleiben werde. Mit Felix Magath hat sich das Blatt aber dann gewendet. Was mich sehr beeindruckt hat, war die tolle Reaktion der Fans bei meiner ersten Rückkehr nach Wolfsburg im letzten Jahr. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet.

torwart.de: Konntest du die Aussortierung 2008 unter Magath nachvollziehen?

Jentzsch: Es hat einfach nicht gepasst. Ich war nicht sein Typ und er war nicht mein Typ. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Trotzdem habe ich versucht, das Beste daraus zu machen. Im Training habe ich mit den verschiedenen Torwarttrainern, die ich zu der Zeit hatte, gut an mir gearbeitet. Es gab einige Anfragen und ich habe auch immer gehofft, aber letztlich hat es mit einem Wechsel nicht geklappt.

torwart.de: Ist es für dich eine besondere Genugtuung, dass Magath jetzt entlassen wurde?

Jentzsch: Nein. Das Thema ist für mich durch. Da gibt es auch keine Schadenfreude oder sonst irgendwas. Sonst hätte ich letzte Saison gegen Wolfsburg auch kein gutes Spiel machen können, wenn ich mich damit beschäftigt hätte.

torwart.de: Wie hast du es in der Phase geschafft, die Hoffnung nicht zu verlieren und motiviert zu bleiben?

Jentzsch: Die ersten zwei, drei Monaten waren schon hart. Vor allem weil ich mich immer korrekt verhalten habe. Es wurde halt so entschieden und damit musste ich leben. Ich habe mir gesagt, da musst du jetzt durch, es kommen auch wieder bessere Zeiten. Ich kannte ja das Geschäft. Auf der anderen Seite war es auch gut, mal wieder im normalen Leben zu sein. Also nicht mehr so im Mittelpunkt zu stehen. Darauf freue ich mich auch wieder, wenn meine Karriere vorbei ist.

torwart.de: Dann kam die Möglichkeit, in Augsburg nochmal zurück zu kommen. Welche Bedeutung hatte diese Chance für dich?

Jentzsch: Von vielen wurde ich ja skeptisch gesehen in Augsburg, was mir aber nichts ausmachte. Ich wusste, dass ich noch gute Spiele machen kann, wenn die Basis stimmt. So war es dann auch. Trainer und Manager sind zu 100% hinter mir gestanden und ich hatte einen guten Torwarttrainer. Aber dass es so gut läuft, damit hatte selbst ich nicht gerechnet. Es war ja nicht klar, dass ich überhaupt nochmal spiele. Von daher genieße ich jede Sekunde, in der ich auf dem Platz stehe. Sei es im Spiel oder im Training.

torwart.de: Aktuell kämpft ihr mit Augsburg um den Klassenerhalt. Ist das eine neue Situation für dich?

Jentzsch: Den Abstiegskampf kennen wir ja schon von letzter Saison. Aber es ist klar, dass die zweite Saison immer schwieriger wird. Augsburg ist ein Verein, der sich in den nächsten Jahren zwischen Platz 14 und 22 im deutschen Fußball bewegen wird. Da kann es auch mal eine Saison geben, die schwierig wird. Aber die Verantwortlichen im Verein wissen das und bewahren Ruhe. Das ist wichtig. Klar haben wir zu wenig Punkte, das ist Fakt. Aber die Mannschaft wehrt sich und es gab schon einige Spiele, wo wir nah am Dreier waren. Insofern ist nicht alles schlecht.

torwart.de: Hat eventuell deine Verletzung die Mannschaft etwas aus dem Tritt gebracht? Hat das die Abwehr verunsichert?

Jentzsch: Ich denke Mo (Mohamed Amsif, die Red.) hat bisher einen tadellosen Job gemacht. Er hat in den letzten Jahren einen riesen Schritt gemacht. Ich versuche, trotz meiner Reha so oft wie möglich bei der Mannschaft zu sein und zu unterstützen. Glücklicherweise kann ich teilweise wieder auf dem Platz trainieren, wenn auch noch ohne Handschuhe. Aber generell ist bei uns jeder ersetzbar.

torwart.de: Wie bewertest du, dass der Verein als Reaktion auf deine Verletzung Alexander Manninger verpflichtet hat?

Jentzsch: Es ist absolut professionell, wie der Verein reagiert hat. In unserer Situation kann jeder Punkt entscheidend sein. Für mich absolut verständlich, da nicht mit zwei relativ unerfahrenen Torhütern rein zu gehen. Obwohl Mo, wie schon erwähnt, gerade sehr gut spielt.

torwart.de: Was fehlt euch, um den Klassenerhalt zu schaffen?

Jentzsch: Vor allem Punkte (lacht). Ich denke richtungsweisend werden die Spiele gegen Fürth und Düsseldorf sein. Wenn wir da gut punkten, haben wir die Chance, wieder ran zu kommen.

torwart.de: Wann bist du wieder 100%ig hergestellt?

Jentzsch: Ich möchte ab dem 1.1. wieder voll mit der Mannschaft trainieren. Wie gesagt mache ich jetzt schon gewisse Sachen mit. Mein Ziel ist es, nochmal voll anzugreifen. Der Finger wird nicht mehr 100%ig so, wie er sein sollte. Aber durch den Spezialhandschuh von uhlsport kann man da einiges kompensieren.

torwart.de: Du hast uhlsport als wichtigen Partner angesprochen. Wie lange arbeitet ihr schon zusammen?

Jentzsch: uhlsport ist seit vier Jahren mein Handschuh-Partner. Wir sind zusammen gekommen, als es bei mir ziemlich schlecht lief. Ich denke das sagt schon einiges aus. Letztendlich bin ich sehr froh darum und weiß es auch zu schätzen, was uhlsport für mich macht. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Hersteller Spezialhandschuhe anfertigt. Eigentlich hätte ich mir so einen Partner schon zu Beginn meiner Karriere gewünscht.

torwart.de: Du hast englische Wurzeln (Mutter ist Engländerin). Hast du schon mal darüber nachgedacht, in England zu spielen?

Jentzsch: Es gab immer mal wieder Kontakt. Ich weiß aber nicht, ob der englische Fußball für mich so optimal gewesen wäre. Ich habe mich ganz gut an den deutschen Fußball gewöhnt. Das Torwartspiel in England ist meiner Ansicht nach das härteste in Europa. Es gibt nicht viele, die den Sprung von einer anderen Liga nach England schaffen und langfristig erfolgreich sind. Ich glaube es ist einfacher, wenn man dort mit diesem Spiel aufwächst. Italien oder Spanien wären für mich eher interessant gewesen. Aber das hat sich nie ergeben.

torwart.de: Hast du dir schon Gedanken über die Zeit nach deiner Karriere gemacht? Bleibst du dem Fußball erhalten?

Jentzsch: Klar mache ich mir darüber Gedanken. Ich habe einige Ideen im Hinterkopf, die aber noch nicht konkret sind. Ich bin sozusagen dabei, mich zu sortieren. Das hat aber alles nichts mit Fußball zu tun. Dennoch würde ich auch parallel den Trainerschein machen, wenn es die Zeit erlaubt. Im Vordergrund steht, dass es mir Spaß macht und ich mich persönlich weiter entwickle. Ob es im sportlichen oder in einem anderen Bereich ist, ist dann nicht so wichtig.

torwart.de: Danke für das Gespräch.

Jentzsch: Gerne doch.


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